Lösung kommen wird. Voraussetzung ist, dass sich eine gewisse Rationalität durchsetzt. Wobei nicht alles, was Trump hier in Bewegung gesetzt hat, völlig irrational ist - im Gegensatz zur Wahrnehmung in Europa. Denn die Vereinigten Staaten weisen ein riesiges Handelsbilanzdefizit auf, sie sollten weniger importieren und Industrie- bzw. Produktionskapazitäten zurück ins eigene Land holen. Natürlich dürfen die USA nicht übers Ziel schießen, so würde China Zölle in Höhe von 100 Prozent nie akzeptieren. Aus US-Sicht ist aber bereits einiges erreicht worden - die Welt scheint nun bereit zu sein, erkennbar gestiegene Zölle zu akzeptieren, vor sechs oder zwölf Monaten wäre das noch unvorstellbar gewesen. Schon jetzt kann Trump eigentlich sagen, dass er die Welthandelsordnung beträchtlich umgestellt hat. Was bedeutet das für den Aktienmarkt? Sollten rationale Vereinbarungen kommen, ist die Zoll-Thematik von den Märkten erstmals verdaut. Die Betonung liegt dabei allerdings auf erstmals. Denn viele Firmen haben von Zollvorzieheffekten bzw. -lieferungen profitiert. Die Unternehmensergebnisse sind bisher gut ausgefallen, das könnte aber ins Bröckeln geraten. Denn in den kommenden Quartalen könnten die höheren Zölle eine bremsende Wirkung auf die Unternehmenszahlen zur Folge haben. Es lässt sich auch festhalten, dass die Aktienmärkte sich vom Einbruch durch den „liberations day“ fulminant erholt haben. Das Kurspotenzial bei Aktien scheint bereits gut ausgereizt, natürlich kann es noch zu dem einen oder anderen Hoch kommen, es ist aber möglich, dass wir heuer allgemein gesprochen bei Aktien keine größeren Gewinne mehr sehen werden. Was nicht zwingend mit Korrekturen geleichzusetzen ist. Gibt es bei den Regionen Favoriten? Wie bereits gesagt, ist Vertrauen in die europäischen Börsen zurückgekehrt, was sich auch in zunehmenden Kapitalströmen nach Europa niederschlägt. Europäische Aktien waren seit Jahren und bis zuletzt deutlich unterbewertet, mittlerweile sind sie leicht teurer als im langfristigen – aber vielleicht auch zu niedrigem – Durchschnitt, sprich: Europäische Aktien sind kein Schnäppchen mehr. Natürlich liegt einige Hoffnung in Konjunkturprogrammen, aber auf Sicht von zwölf Monaten könnten US-Aktien mehr Potenzial aufweisen. Denn Trump könnte Steuersenkungen durchsetzen, was Rückenwind verspricht. Außerdem sind US-Aktien, auch wenn sich die KGVs noch immer auf hohem Niveau bewegen, leicht billiger geworden. Letztlich werden wichtige Themen wie Künstliche Intelligenz oder zum Beispiel Cloud-Computing in den USA gespielt. Ich würde also in keinen Abgesang auf US-Aktien einstimmen. Im Fixed-Income-Bereich ist allerdings Europa eindeutig der Vorzug zu geben. Denn US-Anleihen sind aufgrund des schwer planbaren Dollar-Risikos, der hohen Volatilität sowie der Haushalts- bzw. Zins-Unsicherheit in den Vereinigten Staaten für Euro-Anleger derzeit nicht empfehlenswert. Wie geht es bei Gold weiter? Es ist weiter sehr gut unterstützt, Niveaus von nachhaltig über 3.000, 3.500 Dollar oder ähnlichem sind wahrscheinlich. Selbst wenn man es wollte, würde es derzeit schwerfallen, Gegenwind zu sehen. Strukturelle Faktoren wie Notenbankkäufe unterstützen, während die unsichere geoökonomische Lage Gold attraktiv erscheinen lässt. www.rbinternational.com US-Aktien könnten in den nächsten zwölf Monaten mehr Potenzial haben als europäische Titel. ZUR PERSON Mag. Gunter Deuber absolvierte sein Diplomstudium der Volkswirtschaft an der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt, Nürtingen-Geislingen; gefolgt vom Masterstudium Philosophy & Economics an der Uni Bayreuth. Von 2006 bis 2008 war er Analyst für CEE-Research bei der damaligen Raiffeisen Zentralbank. 2008 bis 2010 war er als Senior Economist, Deutsche Bank Research, in Frankfurt tätig. Zwischen 2011 und 2022 fungierte der Ökonom als Abteilungsleiter Volkswirtschaft, Zinsen und Währungen; zuvor als Gruppenleiter CEE Research, Raiffeisenbank International AG (RBI), Wien. Im Jahr 2021 übernahm er die Bereichsleitung Volkswirtschaft und Finanzanalyse bei der RBI. Zudem ist Deuber Autor/Herausgeber zahlreicher Beiträge und Fachpublikationen zu EU-/Eurozonenthemen und Verfasser vieler Fachbeiträge in akademischen Fachpublikationen mit Osteuropabezug. Weiters agiert der Wirtschaftsexperte als Vortragender am Raiffeisen Campus, am Joint Vienna Institute und für weitere Bildungseinrichtungen. Ausgabe Nr. 3/2025 – GELD-MAGAZIN . 11
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