GELD-Magazin, Nr. 1/2024

Unsichere Gewässer: Im Roten Meer stehen Frachter auf der Abschussliste. Durchfahrten durch den Suezkanal haben sich halbiert. zung hineingezogen werden – oder jetzt gar Krieg gegen Israel führen (trotz martialischer Rhetorik). Die Märkte teilen diese Einschätzung, was wiederum die beschriebene Lage des Ölpreises untermauert. Prinzipiell haben sich Rohstoffe im heurigen Jahr eher mau entwickelt. Apropos Rohstoffe. Was wenige Menschen wissen: Die Region rund um den Gazastreifen ist eigentlich gar nicht so arm. Ergiebige, aber ungenützte Gasfelder und reiche Fischgründe sind vorhanden. Aber natürlich dreht sich der Nahost-Konflikt in erster Linie nicht um materielle Belange, sondern um tiefes Misstrauen und Feindschaft zwischen den beteiligten Parteien. Welche Lösungen sind in diesem Zusammenhang möglich? Kaum Lösung in Sicht Das GELD-Magazin sprach dazu mit Walter Posch, der renommierte Islamwissenschaftler arbeitet am Institut für Friedenssicherung und Konfliktmanagement der Landesverteidigungsakademie in Wien. Vorweg: Sehr optimistisch ist man nach diesem Gespräch kaum. „Nicht alle beteiligten Parteien streben Frieden an. Was für eine Seite akzeptabel ist, ist für die andere ein No-Go. Zum Beispiel spricht sich Europa für die Zweistaaten-Lösung aus. Israel lehnt das aber mit Verweis auf die Abgabe von Land und dem damit verbundenen Sicherheitsrisiko ab. Viele Palästinenser fragen wiederum: Warum sollen wir überhaupt verhandeln, wenn wir in einem brutalen Besatzungsregime – vor allem in der West Bank – leben?“, erläutert der Experte die verfahrene Situation. Ein wichtiger Player in der Region ist wie erwähnt auch Iran. Posch: „Ein Land, das Israel nicht anerkennt und nach Atomwaffen strebt – warum sollte es an anderer Stelle nachgeben?“ Keine Gewinner Natürlich stellt sich auch die Frage, warum die Hamas ihre massiven Attacken im Oktober 2023 überhaupt gestartet haben? Sie hätte doch wissen müssen, dass Israel in vollem Umfang zurückschlagen würde. Posch: „Die Hamas steckt in einem Zwiespalt: Soll sie regieren oder Widerstand leisten? Der erste Weg würde ständige Kooperation mit Israel bedeuten, und diese Position müsste den Extremisten in den eigenen Reihen vermittelt werden. Der Widerstand klingt hingegen heroisch – und man muss sich keinen Neuwahlen stellen. Eines ist der Hamas mit ihrem Angriff jedenfalls gelungen: Das Palästina-Thema ist wieder auf die internationale Bühne und vor allem in die arabische Welt zurückgekehrt. Die Hamas hat im Westen aber massiv an Reputation verloren, was im Nahen Osten hingegen nicht der Fall ist.“ Letztlich fällt der Blick auf diese Region also düster aus und bleibt ein Brandherd ohne Löschplan. Massaker, massive Zerstörung und Vertreibung Als Reaktion auf die Massentötungen mit 1.200 Opfern, Gräueltaten und Geiselnahmen durch die Hamas, dem Palästinensischen Islamischen Dschihad und anderen militanten Gruppen am 7. Oktober 2023 erklärte Israel den Krieg, verschärfte die Abriegelung des Gazastreifens und startete eine Militäroperation. Mehr als vier Monate nach Beginn des Krieges gab es nur begrenzte Fortschritte bei der Verwirklichung der israelischen Ziele. „Gleichzeitig wurden die zivile Infrastruktur und Wohngebäude im Gazastreifen weitgehend zerstört, die Bevölkerung wurde intern vertrieben, mehr als 27.000 Palästinenser wurden getötet und die humanitäre Lage ist immer schrecklicher geworden“, urteilt die „Stiftung Wissenschaft und Politik“ in Berlin (SWP). Gespaltenes Europa Die unentschlossenen Europäer haben im Gaza-Krieg keine gute Figur gemacht. Die SWP meint: „In ihrem eigenen Interesse sollten sie sich die Chance nicht entgehen lassen, sich an der Gestaltung der Nachkriegsordnung zu beteiligen. Obwohl die USRegierung die diplomatische Führung übernommen hat und auch weiterhin übernehmen wird, müssen sich die EU und ihre Mitgliedstaaten auf die konkrete Rolle einigen, die sie bei diesem Unterfangen spielen werden.“ Ausgabe Nr. 1/2024 – GELD-MAGAZIN . 11

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