GELD-Magazin, Dezember 2022 / Jänner 2023

schen drei und vier Prozent auf. Thomas Fischli Rutz, Anleihenexperte und Head Emerging Markets bei Fisch Asset Management in Zürich, sieht das positiv: „Das sind aus unserer Sicht klare Einstiegschancen, da die Inflation im kommenden Jahr aufgrund des starken Liquiditätsentzugs seitens der Zentralbanken und auch aufgrund rückläufiger Dynamik vieler Volkswirtschaften abnehmen dürfte. Kurzfristig ist ein erneuter Zinsanstieg denkbar, aber wir nähern uns langsam aber sicher dem Ende des Zinserhöhungszyklus an.“ Auch Dysenchuck ist optimistisch: „Angesichts des Ausmaßes der Renditebewegungen in diesem Jahr ist dieser Markt jetzt wieder attraktiver und bietet Ertragschancen: Die Renditen zehnjähriger US-Staatsanleihen sind von 1,5 Prozent zu Beginn des Jahres auf derzeit 3,7 Prozent gestiegen, und vor allem haben die Renditen europäischer Staatsanleihen das negative Territorium zum ersten Mal seit 2019 verlassen. Da die Zentralbanken den Fuß vom Gas nehmen, was das Tempo der Zinserhöhungen betrifft, glauben wir, dass Staatsanleihen bald wieder eine gute defensive Position für Portfolios darstellen.“ Investment Grade Corporate Bonds interessant Hagen Fuchs, Senior Portfolio Manager Fixed Income, Swisscanto, setzt auf Qualität: „Mit Renditen von rund 3,5 Prozent stufen wir derzeit in Euro denominierte SeniorAnleihen im mittleren Laufzeitenbereich als besonders attraktiv ein. Den Fokus legen wir auf Unternehmen mit starken Bilanzen, die einer Rezession standhalten können.“ Aber es gibt auch riskante Bereiche: „Vorsichtig sind wir bei Segmenten, die von hoher Zins- und Kreditduration geprägt sind, da ein erneuter Zins- und Spreadanstieg nicht ausgeschlossen werden kann. Auch Engagements in bonitätsschwache Schuldner, insbesondere das Segment der ,Senior Secured Loans‘ mit variabler Zinsstruktur, würden wir derzeit meiden. In diesem Bereich sind die hoch verschuldeten Unternehmen aufgrund stark gestiegener Zinskosten und dem erwarteten Gewinnrückgang besonders unter Druck,“ warnt Fuchs. Ebenfalls gut selektiert Dysenchuck: „Wir bevorzugen qualitativ hochwertige Unternehmensanleihen, bei denen wir der Meinung sind, dass die Bilanzen robust bleiben Jänner 2023 – GELD-MAGAZIN . 43 Fakten zu vergangenen US-Zinserhöhungszyklen Die Analysten von HedgeGo haben in der Research-Publikation „Treasury Scout“ vom 10. November unter Leitung ihres Chefanalysten, Gerhard Massenbauer, die letzten acht Zinserhöhungszyklen in den USA (seit 1971) untersucht und kamen zu folgender Erkenntnis: Die durchschnittliche Anzahl an Zinserhöhungen lag bei 15 (derzeit erst sechs). Die durchschnittliche Dauer der Zinserhöhungen lag bei 32 Monaten (derzeit knapp neun). Die durchschnittliche Gesamt-Leitzinserhöhung betrug 5,64 Prozentpunkte je Zinszyklus. Noch extremer war die Entwicklung in den hochinflationären 70er-Jahren, als die Fed 20 bzw. 34 Zinsschritte zur Erreichung ihres Zieles benötigte. Das letzte Mal, als wir unter hohen Inflationsraten litten, beschäftigte uns das Phänomen insgesamt sieben Jahre lang (drei außerordentliche US-Zinszyklen mit sehr hohen Ausschlägen).

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