GELD-Magazin, November 2022

Potenzial wächst Christian Nemeth, Mitglied des Vorstandes der Zürcher Kantonalbank Österreich, meint: „Wir gehen davon aus, dass gerade auf der Anleiheseite die hohen Renditen bereits einiges vorweggenommen haben. Auch auf der Aktienseite gibt es an manchen Handelstagen schwache Versuche einer Bodenbildung. Hier sieht die Lage noch etwas fragiler aus, da die Gewinnerwartungen insgesamt noch zu optimistisch sind. Eine defensive Positionierung ist daher weiterhin angezeigt, aber mit zunehmender Krisendauer steigt auch hier das mittelfristige Potenzial. Wir bestätigen gegenwärtig unsere neutrale Aktienpositionierung, setzen aber stark auf Qualitätstitel mit solidem Cashflow.“ Dividende fürs Portfolio Manfred Huber, Vorstandsvorsitzender der Euram Bank, fügt hinzu: „In Inflationszeiten sind insbesondere Aktien jener Unternehmen interessant, die in der Lage sind, ihre gestiegenen Kosten unmittelbar weiterzugeben. Aktien mit einer guten Dividendenrendite stabilisieren ebenfalls das Portfolio. Im Anleihebereich können inflationsgeschützte Anleihen einen guten Schutz bieten, jedoch sind diese sehr komplexen Finanzinstrumente nicht frei von Risiken. Erwartete Inflation und Laufzeit führten in diesem Jahr bei langlaufenden Anleihen zu herben Kursverlusten.“ Auch Gold könnte laut Huber ein guter Inflationsschutz sein und damit Kursrückgänge bei Aktien abfedern: „Wir bevorzugen physisches Gold – Barren oder Münzen – bei einem Portfolioanteil von etwa zehn Prozent.“ Fokus auf Qualität Helmut Siegler, Vorstandsvorsitzender der Schoellerbank, zeigt sich im Gegensatz zu Huber bei dem Edelmetall hingegen überwiegend skeptisch: „Gold genießt den Ruf, in Krisenzeiten eine Absicherung des Portfolios zu bieten, auch eine Eigenschaft als Inflationsschutz wird dem gelben Edelmetall nachgesagt. Eine zwingende Korrelation zwischen hoher Inflation und einem steigenden Goldpreis lässt sich jedoch nicht nachweisen. Im Gegenteil: Angesichts der weiterhin spürbaren Auswirkungen der Corona-Pandemie und der aktuellen geopolitischen Lage, ist die Performance des gelben Edelmetalls sehr enttäuschend. Damit erscheint Gold selbst als Krisenschutz obsolet. Und trotz hoher Volatilität werfen Gold-Investments keinerlei regelmäßige Erträge wie etwa Dividendenaktien ab. Aufgrund dieser Faktoren spielen Gold und andere Edelmetalle in unserer Veranlagungsstrategie eine untergeordnete Rolle.“ Der Experte fasst abschließend zusammen: „In einem Umfeld steigender Preise sollten Anlegerinnen und Anleger bei ihren Veranlagungsentscheidungen einerseits einen klaren Qualitätsfokus haben und andererseits auf Realwerte setzen.“ Dazu zählen für den Schoellerbank-Vorstand neben Aktien auch rohstoffabhängige Fremdwährungen oder inflationsgeschützte Anleihen. Siegler: „Wie lange Krisen dauern, ist ungewiss. Kurzfristig werden die Börsenkurse in der aktuellen Phase mit Sicherheit weiter schwanken und genauso sicher ist aber auch, dass sich langfristiger Optimismus bei der Geldanlage noch immer gelohnt hat. “ Eurozone: Die wichtigsten Komponenten der Inflation In dieser Grafik wird die Inflation mit dem Wert 100 gleichgesetzt, das heißt mit 41,7 Prozent tragen Serviceleistungen am stärksten zur Teuerung bei. Auf den Plätzen folgen Industriegüter, Lebensmittel und direkte Energiekosten. Quelle: Eurostat „Wir bestätigen unsere neutrale Aktienpositionierung, setzen aber stark auf Qualitätstitel.“ Christian Nemeth, Vorstandsmitglied Zürcher Kantonalbank Österreich AG Lebensmittel Energie Industriegüter Services 20,9 % 10,9 % 26,5 % 41,7 % „Eine zwingende Korrelation zwischen hoher Inflation und einem steigenden Goldpreis lässt sich nicht nachweisen“ Helmut Siegler, Vorst. Vorsitzender Schoellerbank „Jene Unternehmen sind interessant, die ihre gestiegenen Kosten unmittelbar weitergeben können.“ Manfred Huber, Vorstandsvorsitzender Euram Bank AG November 2022 – GELD-MAGAZIN . 23

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