GELD-Magazin, November 2022

Es sind Zitate wie dieses, die einen aufschrecken lassen, zu Mussolini meinte Giorgia Meloni: „Er hat Fehler gemacht, die Rassengesetze, den Kriegseintritt, und außerdem war sein System autoritär. Historisch gesehen hat er auch eine Menge vollbracht, aber das rettet ihn nicht.“ Hinzugefügt werden muss, dass diese Worte 2006 fielen, Meloni war damals knapp 30 Jahre alt. Mit jugendlichem Leichtsinn lässt sich das unaufgeräumte Verhältnis zum Faschismus aber nicht entschuldigen. Auch Breitseiten gegen die EU, die Eheschließung von Homosexuellen usw. beunruhigen. Meloni ist eine begabte Populistin, die nach allen Regeln der Kunst „austeilt“, in der Realpolitik wird sie Italien aber keiner „Rivoluzione“, also einer Revolution unterziehen können. Wenig Gegenwehr Tatsächlich ruderte sie verbal bereits im Wahlkampf zurück und zeigte sich gemäßigter. Ein „Italexit“, also ein Austritt Italiens aus der EU, kommt schon aufgrund der desaströsen Erfahrungen des Brexits nicht in Frage. Auch scheint die Lust der Italiener auf ein EU-Aus beschränkt zu sein: Die Partei „Italexit“ verpasste mit unter zwei Prozent glasklar den Einzug ins Parlament. Harmlos wird der „Italy First-Kurs“ Melonis dadurch allerdings nicht, denn ihrer strammen Rechts-Koalition steht eine zersplitterte und in Auflösung befindliche „Linke“ gegenüber. Die Zweitplatzierten Sozialdemokraten der Partito Democratico erhielten nur rund 19 Prozent der Stimmen. Effiziente Oppositionspolitik scheint da kaum möglich zu sein. Kann die EU Meloni auf die Finger schauen? Die Möglichkeiten sind begrenzt und nur der „erhobene Zeigefinger“ könnte das Zusammenrücken rechts-motivierter Bürger in einer Wagenburgmentalität sogar noch verstärken. Und wie schwer sich die EU mit harten finanzpolitischen Maßnahmen tut, die wirklich schmerzen, zeigt sich am Beispiel Ungarns, das bekanntlich schon lange einen autoritären Kurs fährt. Selbstzerstörung? Natürlich bleibt noch die Möglichkeit, dass sich die Allianz aus Melonis „Fratelli d‘Italia“, „Lega“ unter Matteo Salvini und Silvio Berlusconis „Forza Italia“ bald selbst beschädigen könnte. Vor allem dem Egomanen und Machismo Berlusconi sagen politische Beobachter nach, dass er es gar nicht gerne sieht, auf die hinteren Ränge verbannt zu sein, und noch dazu eine Frau an der Spitze steht. Auch Salvini wird nicht gerade als eine einfache Persönlichkeit beschrieben, das könnte koalitionären Sprengstoff bergen. Wobei die „Halbwertszeit“ itaBRENNPUNKT . Italien Keine „Rivoluzione“ Giorgia Meloni ist wie erwartet an die Spitze Italiens gewählt worden. Das Liebäugeln mit dem Faschismus der neuen Ministerpräsidentin beunruhigt, völlig umkrempeln wird sie das Land aber nicht. HARALD KOLERUS Credit: Vox España Italien als Schuldenkönig Böse Zungen behaupten: Was in Italien immer wächst, sind die Schulden. Bereits über 150 Prozent des BIP haben sie erreicht; jetzt ist die Besorgnis groß, dass unter der neofaschistischen Regierung Meloni der Rahmen endgültig gesprengt wird. „Ich habe ein entspanntes Verhältnis zum Faschismus. Ich betrachte ihn als einen Abschnitt unserer nationalen Geschichte.“ Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni (2006) Quelle: www.ceicdata.com Staatsverschuldung in % des nominalen BIP 135% 140% 145% 150% 155% 160% 165% 130% Jul ‘19 137,7% Okt ‘19 137,0% Jul ‘20 149,4% Apr ‘20 137,9% Jan ‘20 134.7% Okt ‘20 154,3% Jan ‘21 155,6% Apr ‘21 159,4% Jul ‘21 156,0% Okt ‘21 154,5% Jan ‘22 150,3% Jul ‘22 152,2% 14 . GELD-MAGAZIN – November 2022

RkJQdWJsaXNoZXIy MzgxOTU=