GELD-Magazin, Oktober 2022

Krieg um Taiwan? Droht nach dem Überfall auf die Ukraine der nächste bewaffnete Konflikt, diesmal in Fernost? Der Stein des Anstoßes ist die Insel Taiwan (Republik China), direkt vor den Toren der Volksrepublik China. Schon ewig umstritten Gegründet wurde Taiwan 1949 nach der Niederlage Chiang Kai-Sheks gegen die Kommunistische Partei im chinesischen Bürgerkrieg. Peking hat den Inselstaat niemals anerkannt und betrachtet ihn als abtrünnige Provinz. Die Krux daran - und ein Unterschied zur Ukraine - ist, dass Taiwan auch kaum von einem anderen Land offiziell als souveräner Staat gesehen wird. Auch nicht von den USA. Das macht die diplomatische Argumentationslage für eine mögliche militärische Verteidigung von außen natürlich schwierig. Die Vereinigten Staaten haben als Schutzmacht zwar Unterstützung garantiert, wie diese im Notfall aber aussehen würde, ist überhaupt nicht klar definiert. Noch dazu verwirrte Präsident Joe Biden immer wieder mit widersprüchlichen Aussagen. Säbelrasseln Peking hatte zuletzt den Druck erhöht und seine militärischen Muskeln direkt vor Taiwan spielen lassen. Ein heißer Konflikt würde die Welt zumindest ins wirtschaftliche Chaos abstürzen lassen, unter anderem weil die Insel für den Halbleitermarkt von essenzieller Bedeutung ist. China sein 100-jähriges Bestehen. Laut Wunsch der Parteikader soll ganz China bis dahin wieder geeint sein. Es bleibt Spekulation, ob diese Schonfrist hält ... Chip-Hochburg Wobei Taiwan schon alleine aus wirtschaftlicher Sicht ein „Filet-Stück“ darstellt: Die Marktforscher von Trendforce gehen davon aus, dass sich der Anteil Taiwans an der globalen Mikrochip-Produktion Ende 2022 auf 66 Prozent belaufen wird. Bei Germany Trade & Invest (Gesellschaft der Bundesrepublik Deutschland für Außenwirtschaft und Standortmarketing) heißt es dazu: „Dies käme einer Steigerung um zwei Prozentpunkte im Vergleich zum Vorjahr gleich. Die Umsätze des internationalen Marktes für die Auftragsfertigung von Halbleitern sollen den Berechnungen zufolge um 20 Prozent auf knapp 129 Milliarden Dollar zulegen. Allein auf den taiwanischen Platzhirsch TSMC (Taiwan Semiconductor Manufacturing Company) sollen 56 Prozent dieser Summe entfallen.“ Das bedeutet: Wer Taiwan kontrolliert, kontrolliert auch den weltweiten Chip-Markt. Abhängigkeit verringern Allerdings würde ein Krieg um Taiwan die durch Corona-Nachwehen ohnedies schwer gestörten Chip-Lieferketten endgültig zum Zerreißen bringen. Globales Chaos und eine tiefe Rezession wären die Folgen. Das ist natürlich auch Peking bewusst und gar nicht gelegen, was Hoffnungen auf eine De-Eskalation mehrt. Jedenfalls wäre der Westen gut beraten, die Zeit zu nützen, um seine Abhängigkeit im Halbleitersegment von Asien zu verringern. Tatsächlich wird einiges schon in diese Richtung in Bewegung gesetzt, sprich: es werden neue Kapazitäten aufgebaut. Alan Priestley, Vice President-Analyst für den Halbleitersektor beim IT-Beratungsunternehmen Gartner, geht davon aus, dass wir vielleicht schon nächstes Jahr oder 2024 einen Überschuss am ChipMarkt sehen werden. Aber wie soll das eigentlich funktionieren? Immerhin dauert es drei oder vier Jahre, bis Fabriken errichtet werden können, die für neue Kapazitäten sorgen. Der Experte erklärt im Gespräch mit dem GELD-Magazin: „Es gab nun Ankündigungen über die Errichtung neuer Produktionsstätten, aber schon zuvor wurden Die unbekannten Giganten der Chipindustrie Auch bei den Chip-Zulieferern liegt der Schwerpunkt in Asien: Von den in der Grafik vorgestellten größten acht Unternehmen findet sich nur Globalfoundries im Westen (USA). Der Rest ist in Taiwan, Südkorea und China beheimatet. Quelle: Statista Jahresumsatz der führenden Halbleiter-Foundries* (in Mrd. US-Dollar) *Halbleiter-Foundry = Fertigungsbetrieb, der Produkte für andere Halbleiterunternehmen herstellt 2021 2020 10 20 30 40 50 Hua Hong Semi Powerchip Technology VIS 5 15 25 35 45 Samsung Electronics UMC Globalfoundries SMIC 55 TSMC 0 Oktober 2022 – GELD-MAGAZIN . 11

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