GELD-Magazin, Juli/August 2022

8 . GELD-MAGAIN – Juli/August 2022 D ie Inflationsrate schraubt sich seit etwa einem Jahr immer weiter in die Höhe. Im Mai übersprang sie in der Eurozone bereits die Acht-Prozent- Marke und selbst die Kernrateninflation (ohne Energie- und Lebensmittelpreise) stieg seit Herbst 2021 von zwei auf vier Prozent. Das sind Werte, wie wir sie seit Jahrzehnten nicht gesehen haben. Und es ist nicht nur ein europäisches Phänomen, die Teuerungsraten sind weltweit im Steigen begriffen – z.B. in den USA auf mittlerweile 8,6 Prozent. So- wohl die US-Notenbank Fed wie auch die EZB sind lange Zeit davon ausgegangen, dass dies nur ein temporäres Phänomen sei, und die Märkte glaubten das auch. Seit Anfang 2022 kam es jedoch zu einem Paradigmen- wechsel, mehrere Zinsschritte preisten sich nach und nach an den Märkten ein – einfach abzulesen an den Renditen der Euro-Staats- anleihen. Im Zehnjahres-Bereich stiegen die Renditen italienischer Papiere über vier Pro- zent und selbst deutsche Staatsanleihen ren- tierten wieder bei zwei Prozent – nach 0,125 Prozent noch zu Jahresbeginn (siehe rechte Grafik unten). EZB musste reagieren Am 9. Juni kündigte die EZB endlich an, die Anleihenkäufe mit Ende Juni einzustellen und eine erste Zinsanhebungen im Juli vor- zunehmen. Grund dafür war die angehobene Prognose für die Jahresinflation von 5,1 auf 6,8 Prozent (im Dezember ging die Noten­ bank noch von 3,2 Prozent aus). Nachdem die EZB nun ab 1. Juli keine Nettokäufe von Staatsanleihen mehr vornimmt, stiegen die Renditen – vor allem der Euroländer mit ho- hen Verschuldungen – sprunghaft an, Erin- nerungen an die Eurokrise wurden wieder wach. Das rief neuerlich die EZB auf den Plan und sie beschloss am 15. Juni in einer eilig einberufenen Sondersitzung, ein neues Instrument aufzulegen, das die Spreads zwi- schen den Staatsanleihen begrenzen soll („Anti-Fragmentierungsinstrument“). Steigen die Zinsdifferenzen über ein definiertes Ni- veau, will die EZB niedriger rentierende Staatsanleihen verkaufen, also z.B. deutsche, und damit höher rentierliche, z.B. italie- nische, kaufen. Das beruhigte die Märkte wieder einigermaßen. Wirtschaftswachstum eingetrübt Doch die Unsicherheit für Konsumenten und Unternehmen hat weiter zugenommen. Le- benserhaltungskosten, Einkaufspreise und Finanzierungskosten sind gestiegen. Ver- schärft wird die Situation durch die Auswir- kungen des Krieges in der Ukraine. Hinzu kommt die Erwartung rascher Zinserhö- hungen durch die Zentralbanken, was die Aussichten für das Wirtschaftswachstum weiter eintrübt und zu einem starken BRENNPUNKT . Inflation, Zinsen und Rezession Bremsspuren Viele Ökonomen warnen seit Monaten davor, dass sich die Inflation verfestigen könnte. Nun machte die EZB eine Kehrtwende und kündigte Zinsanhebungen an. Am Markt sind bis zu zwei Prozent eingepreist. Wird das zu einer Rezession führen? MARIO FRANZIN „Wir beabsichtigen, die Leitzinsen am 21. Juli um 25 Basispunkte anzuheben und ein weiteres Mal im September.“ Christine Lagarde, Präsidentin der EZB „Die Leitzinsen in den USA werden so lange steigen, bis das Inflationsziel von zwei Prozent in Reichweite liegt.“ Jerome Powell, Chef der Federal Reserve In der Eurozone wird die Spitze der Inflation im Juni mit 8,3 Prozent erwartet, 2023 sollte sie sich auf 2,2 Prozent, 2024 auf 2,0 Prozent reduzieren. In den USA lauten die Schätzungen für Juni 8,4 Prozent und für 2023 1,9 Prozent. INFLATION SOLLTE SICH EINBREMSEN Während die Renditen 10-jähriger deutscher Staatsanleihen in Jahresfrist bei rund 2,10 Pro- zent erwartet werden, dürften die vergleich- baren Papiere Italiens in den kommenden 12 Monaten auf 4,60 Prozent steigen. STAATSANLEIHEN-RENDITEN STEIGEN 6% 4% 2% 0% -2% 8% 2018 2016 2014 2020 2022 USA Eurozone 6% 4% 2% 0% -2% 2018 2016 2014 2020 2022 Italien Deutschland Credits: Federalreserve; WEF

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