GELD-Magazin, April 2022

Qualität kehrt zurück E r ist für seine kritischen Kommen- tare bekannt. So schrieb der Anla- gespezialist von StarCapital, Man- fred Schlumberger, im Februar: „Bei unpro- fitablen Technologiewerten und den hoch- gehypten Kryptowährungen entweicht schlagartig die heiße Luft.“ Wo andere sich im Schönreden üben, spricht Schlumberger eben Tacheles. Deshalb befragte das GELD- Magazin den Experten zu seiner Einschät- zung von Wirtschaftslage und Investment- chancen nach Ausbruch des Ukraine-Kriegs. Die gute Nachricht vorweg: Er geht zwar von einer abgebremsten Konjunkturent- wicklung aus, die Wahrscheinlichkeit einer globalen Rezession hält er aber für gering. Und die gute Nachricht für Börsianer lau- tet: Alternativen zu Aktien gibt es kaum, wobei der Energiesektor, Rohstoffe und Va- lue seine Favoriten sind. Börse und Wirtschaft sind heute mit en- ormem „Störfeuer“ konfrontiert: Ukra- ine-Krieg, Corona, hohe Energiepreise, Inflation, Lieferschwierigkeiten. Wie geht es jetzt weiter? Natürlich sind jetzt alle Augen auf die hu- manitäre Katastrophe in der Ukraine ge- richtet. Wirtschaftlich betrachtet bedeutet der Krieg ein Anheizen der Energiepreise, was zu einer Steigerung der Inflation führt. Das schlägt sich mit Sicherheit wiederum in weniger Wirtschaftswachstum nieder. An eine globale Rezession, von der manch- mal zu lesen ist, glaube ich allerdings nicht. Vor dem Ausbruch des Ukraine-Kriegs bin ich von einem sehr starken Wirtschafts- wachstum im zweiten und dritten Quartal ausgegangen, nämlich aufgrund des Aus- laufens der Corona-Maßnahmen und dem damit verbundenen Schub im Dienstlei- stungssektor. Nun glaube ich, dass wir in den USA und Europa kein starkes, aber im- mer noch gutes Wachstum sehen werden. Aber wie lässt sich das erklären: Die Welt wird von einem brutalen Krieg erschüt- tert, Corona ist noch nicht ganz verdaut - und dennoch bleibt die Rezession aus? Die Weltwirtschaft wurde bereits vor der Eskalation in der Ukraine von der Covid- Pandemie getroffen, das ist zweifellos rich- tig. Es handelt sich hierbei allerdings um ein Angebotsproblem bzw. um gestörte Lie- ferketten. Die Nachfrage ist ja da, nachdem in den Vereinigten Staaten bereits Vollbe- schäftigung herrscht und auch in Europa das annähernd der Fall ist. Das Einkommen und die Vermögen vieler Menschen haben nicht gelitten, ich meine sogar, dass wäh- rend der Pandemie viel Geld gehortet und auf die hohe Kante gelegt worden ist. Der entscheidende Punkt lautet, dass früher oder später das Geld wieder in den Wirt- schaftskreislauf zurückfließen wird. Daran sollte auch der Krieg nichts ändern. Wachstumswerte stehen vor Problemen, Kryptos kommen nicht ins Portfo- lio, so Investment-Experte Manfred Schlumberger. Optimistisch ist er hingegen für profitableValue-Unternehmen. HARALD KOLERUS Credits: beigestellt; m.mphoto/stock.adobe.com Sie haben bereits die Inflation angespro- chen, wie lange bleiben die Preise hoch? Wie reagieren die Notenbanken? Ich hatte früher schon einmal kommentiert: Die Inflation ist gekommen, um zu bleiben. Das gilt jetzt erst recht, allerdings auf noch höherem Niveau als zuvor gedacht. Die Fed hat signalisiert, dass die Wirtschaft stark genug ist, um Zinserhöhungen auszuhalten. Für dieses Jahr wurden vor Ausbruch des Kriegs mehrere Zinserhöhungen der Fed prognostiziert - bis zu fünf an der Zahl. Ich meine aber, dass nicht so heiß gegessen wie gekocht wird. Ja, es wird bis zum Spätsom- mer Erhöhungen geben, allerdings in klei- nen Schritten, bei einer schwachen Kon- junktur könnte man dies dann auch früher als geplant wieder beenden. Sie haben in einem Kommentar im Fe- bruar ein mögliches Quantitative Tighte- ning der Fed als „puren Horror“ bezeich- net. Was hat sich seither getan? Quantitative Tightening, also der Nettover- kauf von Anleihen, würde zwangsläufig mit 26 . GELD-MAGAZIN – April 2022 INTERVIEW . Manfred Schlumberger, StarCapital

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