GELD-Magazin, April 2022

N ormalerweise ist Emmanuel Ma- cron immer in perfekt sitzenden Maßanzügen zu sehen, wie aus dem Ei gepellt. Mitte März ließ er aber Fo- tos veröffentlichen, die ihn im Trainingsan- zug und Dreitagesbart abbilden - und das im Élysée-Palast, dem Heiligtum der franzö- sischen Demokratie. Was natürlich kein Zu- fall ist: Auf dem Hoodie war ein Logo der französischen Luftwaffe aufgenäht. Macron will demonstrieren: Wir sind im Krisenmo- dus, aber gewappnet; auch ein Präsident muss jetzt Sonderschichten einlegen. In Umfragen klar vorne Gleichzeitig bemüht sich der erste Mann im französischen Staat um eine diplomatische Lösung im Ukraine-Krieg - und setzt sich da- bei mediengerecht in Szene. Das scheint bei den Wählern gut anzukommen: Im Oktober letzten Jahres hielt er für die bevorstehende Präsidentschaftswahl bei 25 Prozent. Im März 2022 waren es bereits 30 Prozent. Die Zustimmung wuchs dabei erst rapide zwi- schen Februar und März, also als der Krieg ausbrach (24.2.). Das beweist zweierlei. Er- stens: Die Französinnen und Franzosen sind mit dem Krisenmanagement ihres Präsi- denten offenbar zufrieden. Berichte von di- rekten Telefonaten mit Putin machen ein medial gutes Bild, sprechen für Aktivität und signalisieren eine wiedererstarkende Rolle Frankreichs im internationalen Ge- schehen (was dem nicht unerheblichen Na- tionalstolz zugutekommt). Dabei setzt Ma- cron (Jahrgang 1977) auf ein noch immer jugendliches und gleichzeitig staatstra- gendes Image. Zweitens: In extremen Kri- senzeiten hält die Bevölkerung prinzipiell an bestehenden Strukturen fest und wünscht keine zusätzlichen Umbrüche. Das kommt den Regierenden zugute, in diesem Fall Macron. Was sich auch daran zeigt, dass die schärfste Herausfordererin, Marine Le Pen vom strikt rechten Rassemblement national, in der Wählergunst seit letztem Oktober bei rund 18 Prozent stagniert. Alle anderen Kandidaten liegen weit abgeschla- gen - mit rund zehn Prozent Zustimmung und weniger - zurück. WahrscheinlicheWiederwahl Somit scheint sicher, dass bei der Erstrun- den-Wahl am 10. April Macron die Nase klar vorne haben aber keine absolute Mehrheit erreichen wird. Das führt dann schnur- stracks zur entscheidenden Runde am 24. April. Laut einer in „Le Monde“ veröffentli- chten Umfrage des Sopra Steria Instituts würde hier Macron rund 59 Prozent erhal- ten, Le Pen nur 41 Prozent. Natürlich kön- nen auch Meinungsforscher falschliegen, der Vorsprung des Amtsinhabers erscheint BRENNPUNKT . Wahlanalyse Frankreich Gute Karten für Macron In Frankreich wird im April ein neuer Präsident gewählt, aller Wahrscheinlichkeit nach wird es der alte sein: Emmanuel Macron. Das ist gut für die gesamte europäische Politik in ohnedies äußerst chaotischen Zeiten. HARALD KOLERUS Macron stellt sich wieder der Wahl – der Ukraine-Krieg hat ihm Auftrieb verliehen. Er wird voraussichtlich weiter im Élysée-Palast residieren. Credits: Creative-Commons/European Parliament; Palais de Élysée beigestellt Im Gegensatz etwa zum DAX ist der franzö- sische Schwergewichtsindex CAC 40 eine relativ unbekannte Größe. Er konnte den EuroStoxx 50 in den vergangenen fünf Jahren allerdings klar outperformen. BÖRSE PARIS: ERFOLGREICH 0% -10% -20% 30% 20% 10% -30% 40% 50% 2018 2017 2019 2020 2021 EuroStoxx 50 CAC 40 12 . GELD-MAGAZIN – April 2022

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