GELD-Magazin, Februar 2022

B ei manchen Rechenaufgaben sehen konventionelle Computer wirklich alt aus, selbst wenn es sich um Hochleistungsgeräte handelt. Das ist etwa in komplexen Gebieten der Materialfor- schung der Fall. Für Quantencomputer ist das hingegen ein Klax. Mit dem Quanten- prozessor „Sycamore“ von Google soll es laut dem Unternehmen möglich sein, eine besondere Mammut-Berechnung in nicht einmal dreieinhalb Minuten durchzuführen. Für dieses sogenannte Random-Circuit- Sampling würde der bis dahin schnellste traditionelle Supercomputer (namens „Summit“ von IBM) an die 10.000 Jahre be- nötigen. IBM stellte diese Leistung übrigens in Frage, wobei das Unternehmen auch in- tensiv an Quantencomputern forscht und somit ein direkter Konkurrent Googles ist, auch Microsoft mischt mit. Klar ist jeden- falls, dass Quantencomputer enormes Zu- kunftspotenzial haben, ansonsten würden Hightech-Giganten nicht kräftig in diesen Bereich investieren. Die US-Bank Morgan Stanley glaubt, dass sich der Markt für High-End-Quantencomputer bis 2025 auf zehn Milliarden Dollar jährlich verdoppeln wird. Andere Berechnungen gehen von einem langfristigen Wachstum auf rund 260 Milliarden Euro bis 2050 aus. Schwierige Materie Wie funktionieren nun die neuen „Super- hirne“? Sie basieren auf der Quantenphysik, die allerdings nicht leicht zu verstehen ist (siehe Bericht rechts). Möglichst einfach er- klärt: Heute übliche Prozessoren operieren mit Bits. Diese kennen nur zwei Zustände: 1 oder 0, also „Strom an“ oder „Strom aus“. Quantencomputer arbeiten hingegen, wie die Bezeichnung nahelegt, mit Quanten, die Einheit heißt Qubits (Quanten-Bit). Ein Qu- bit kann auch gleichzeitig im Zustand Eins und Null sein oder in theoretisch unendlich vielen Zuständen dazwischen. Das ist für den Normalbürger kaum verständlich. Tat- sache bleibt aber, dass Quantencomputer dadurch wesentlich effizienter arbeiten und Millionen von Berechnungen gleichzeitig durchführen können. Das alles ist jetzt noch nicht zu 100 Prozent ausgereift, aber auch keine Science Fiction mehr. Viele Nutzungsgebiete Carolin Hahn, Quantenphysikerin des Inns- brucker Quantentechnologieunternehmens AQT, erklärt im Gespräch mit dem GELD- Magazin: „Die kommerzielle Nutzung von Quantencomputern gibt es bereits heute. Es fließt viel Geld in diesen Bereich, so etwa von der Chemie- und Pharmaindustrie so- wie dem Finanzsektor. Ein entscheidendes Anwendungsgebiet ist es, Optimierungspro- bleme zu lösen: Also Risiken zu minimieren und Ergebnisse zu maximieren. Das kann etwa in der Gestaltung von Investmentport- folios zum Einsatz kommen.“ Aber auch in der Logistik öffnet sich für Quantencompu- ter ein weites Feld: „Bei großen LKW-Flot- ten oder Frachtschiffen können Routen bes- ser koordiniert oder das Aus- und Umladen effizienter gestaltet werden.“ Juris Ulmanis, Quantenphysiker bei AQT, ergänzt: „Im Be- reich der Chemie und Materialentwicklung versprechen Quantencomputer ebenfalls Vorteile. Viele chemische Vorgänge sind so komplex, dass sie mit herkömmlichen Com- putern nicht mehr berechnet werden kön- nen. Hier besteht die Hoffnung, dass Quan- tencomputer Simulationen erstellen und so bei der Entwicklung von neuartigen Materi- alien helfen können.“ Laut Expertin Hahn BRENNPUNKT . Quantencomputer Ein Quantum Zukunft Keine Science Fiction: Unglaublich schnell und besonders leistungsfähig sollen Quantencomputer viele Aufgaben im Handumdrehen erfüllen, an denen herkömmliche Rechner scheitern. Das Potenzial ist enorm. HARALD KOLERUS Credits:DP/stock.adobe.com; janeb13/pisabay; beigestellt Sie sehen nicht nur futuristisch aus: Quanten- computern gehört die Zukunft. Quantenphysik Joanne Baker. Verlag: Spektrum Sachbuch. 208 Seiten. ISBN: 978-3-662-45032-1 16 . GELD-MAGAZIN – Februar 2022

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