GELD-Magazin, Februar 2022

S eit kurzem ist der Klimawandel auch in den Fokus der Zentralban- ken gelangt. So hat das Direktori- umsmitglied der EZB, Benoît Coeuré, die aktive Unterstützung der Energiewende explizit zum Mandat der Europäischen Zen- tralbank erklärt. Konkret soll sich das im Zuge des Anleihenkaufprogramms in einer stärkeren Fokussierung auf Green Bonds niederschlagen – beziehungsweise rücken Klimaschutzaspekte in den Bereichen Offen- legung, Risikobewertung etc. beim Anlei- henerwerb noch mehr in den Vordergrund. Fehlende Billionen Das könnte für dringend notwendigen Rü- ckenwind sorgen. Denn um das 1,5 Grad- Ziel zu erreichen, das im Pariser Abkommen vereinbart wurde, erscheint eine globale Wende zu 100 Prozent regenerativer Ener- gien bis spätestens 2050 notwendig. Ein sol- cher Prozess erfordert laut der Stiftung World Future Council (WFC) jährliche Inve- stitionen von 1,5 bis 2 Billionen Dollar. Ob- wohl die Kosten für Erneuerbare Energien in letzter Zeit stark gesunken sind, stagnie- ren die derzeitigen Investitionen allerdings bei etwa 250 Milliarden Dollar. Eine Frage des Mandats Somit ist aktive Klimapolitik und finanzielle Unterstützung natürlich begrüßenswert, aber fällt das ins offizielle Aufgabengebiet der EZB? Denn eigentlich lautet das Haupt- ziel ja Preisstabilität. Auf Anfrage meint dazu die Oesterreichische Nationalbank (OeNB): „Der Klimawandel und die Reakti- onen darauf haben auch Auswirkungen auf die Preis- und Finanzmarktstabilität, wie die EZB letztes Jahr bei der Überprüfung ih- rer geldpolitischen Strategie festgestellt hat. Daher fällt die Beschäftigung mit der Klima- politik sehr wohl in das Mandat der EZB.“ Das Eurosystem will daher künftig seine analytischen Kapazitäten in Hinblick auf den Klimawandel ausbauen und klimaspezi- fische Effekte stärker in makroökonomi­ schen Modellen, bei statistischen Erhebun­ gen und im geldpolitischen Handlungsrah- men berücksichtigen. Welche Rolle spielen nun nationale Noten- banken wie die OeNB in der Klimapolitik? Oder ist die EZB der Haupttreiber? Dazu die heimischen Notenbanker: „Als Mitglied des Network for Greening the Financial System (NGFS) trägt die OeNB zu Leitfäden und Analysen für mikrofinanzielle Aufsicht, ma- krofinanzielle Analysen, Marktförderstrate- gien und Datenbereitstellung bei. Sie er- stellt unter anderem Klimastresstests für Banken und beteiligte sich am FMA-Leitfa- den über den Umgang mit Nachhaltigkeits- risken.“ Sie unterstütze somit den EU-Akti- BRENNPUNKT . Klimapolitik Banken werden „grüner“ Die EZB hat die Zeichen der Zeit erkannt und will sich jetzt vehement dem Klimawandel entgegenstemmen. Aber wie passt das eigentlich mit ihren ursprünglichen zentralen Aufgaben zusammen? HARALD KOLERUS Credits: beigestellt; www.ecb.int Saubere Energie: Privatsache? Weltweit tragen private Investoren den bei weitem größten Teil zur Finanzierung von Clean- Energy-Projekten bei (China ist in der Berechnung oben nicht enthalten). Staatliche Green Bonds und Zentralbanken werden in Zukunft aber kräftiger mitmischen. Quelle: BNEF in Billionen US-Dollar Privat Öffentlich Nicht definiert 2009 2010 2011 2013 2014 2016 2017 2012 2015 2018 30 60 90 120 150 180 0 14 . GELD-MAGAZIN – Februar 2022 „Es ist gut, dass sich auch die EZB in Richtung Nachhaltigkeit bewegt, aber sie unternimmt heute noch zu wenig.“ Matthias Kroll, Chefvolkswirt der Stiftung World Future Council (WFC)

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