GELD-Magazin, Juni 2021

D ie gute Nachricht zuerst: Das mas- sive Eingreifen der Regierungen hat eine Insolvenzwelle durch die Corona-Krise verhindert. In Westeuropa war die Zahl der Unternehmensinsolvenzen im Jahr 2020 so gering wie seit drei Jahr- zehnten nicht mehr. Insgesamt wurden rund 120.000 Firmenpleiten registriert. Das war ein deutlicher Rückgang um mehr als ein Viertel (minus 26,9 Prozent) gegenüber dem Vorjahr (2019: 163.000), meldet der Österreichische Verband Creditreform (ÖVC). Weniger beruhigend ist hingegen die Tatsache, dass die staatlichen Hilfsmaß- nahmen gar nicht so wenige Unternehmen künstlich über Wasser gehalten haben. Wenn die Unterstützungen früher oder spä- ter auslaufen, droht erst recht eine massive Pleitewelle, so die Befürchtung. Halbvolles Glas Ganz so schlimm wird es aber wahrschein- lich nicht kommen, dafür spricht unter an- derem der relative Optimismus in der hei- mischen Unternehmenslandschaft. Ricardo- José Vybiral, CEO des KSV1870, erklärt im Gespräch mit dem GELD-Magazin: „In un- serem großen Austria Business Check haben wir rund 1200 Unternehmen befragt, wie sie die Zukunft auf Sicht von drei Jahren einschätzen. Das Er- gebnis aufgrund dieser sehr soli- den Datenbasis lautet: Das Glas ist halbvoll! Denn immerhin drei von vier Unternehmen sind für diesen Zeithorizont positiv ge- stimmt.“ Diese Einschätzung differiert übri- gens nicht zwischen reiferen (fünf Jahre und älter) und jungen Unternehmen. 45 Prozent sind mit ihrer aktuellen Geschäfts- lage mehr als zufrieden, sie bezeichnen sie als sehr gut oder gut. Vor Ausbruch der Co- rona-Krise waren es 63 Prozent. Vybiral: „Es gab aber doch auch massive Umsatzeinbrü- che: 57 Prozent der Befragten berichten von rückläufigen, 20 Prozent von gleich- bleibenden Umsätzen. 23 Prozent der Un- ternehmen konnten sogar ihre Umsätze er- höhen. Was die liquiden Mittel betrifft, sa- gen vier von zehn Unternehmen, dass sie langfristig abgesichert sind.“ Keine Sintflut Einen „Insolvenz-Tsunami“ erwartet der Ex- perte nicht, weil es noch immer zahlreiche Hilfsmaßnahmen wie Stundungen, Raten- zahlungen usw. gibt: „Es werden aber Insol- venz-Wellen kommen, im dritten und be- schleunigt im vierten Quartal, was sich auch 2022 fortsetzen wird. Ich glaube au- ßerdem, dass wir erst nächstes Jahr einen Anstieg der Insolvenzen zu 2019 sehen wer- den.“ Interessant ist auch die Meinung von WIRTSCHAFT . Insolvenzen Warnung vor Pleitewelle Die üppigen staatlichen Unterstützungen haben vielen Unternehmen das Geschäftsleben gerettet. Das dicke Ende könnte aber mit Verzögerung kommen: Droht sogar der „Insolvenz-Tsunami“? HARALD KOLERUS Credits: beigestellt; ferkelraggae/stock.adobe.com „Es wird kein Insolvenz-Tsunami kommen, dafür aber Insolvenz-Wellen.“ Ricardo-José Vybiral, CEO des KSV1870 ÜBERSICHT UNTERNEHMENSINSOLVENZSTATISTIK ÖSTERREICH 2020 2019 VERÄNDERUNG Eröffnete Insolvenzen 1.789 3.044 -41,2 % Nichteröffnete Insolvenzverfahren (mangels kostendeckenden Vermögens) 1.228 1.974 -37,8 % Gesamtinsolvenzen 3.017 5.018 -39,9 % Geschätzte Insolvenzverbindlichkeiten in Euro 2.974 Mio. 1.697 Mio. +75,3 % Betroffene Dienstnehmer 16.300 17.200 -5,2 % Quelle: KSV 22 . GELD-MAGAZIN – Juni 2021

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