GELD-Magazin, Mai 2021

besser zu berücksichtigen. Das Defizit im Pensionssystem wird durch Corona noch einmal deutlich ansteigen. In den kommen- den Jahren werden dann geburtenstarke Jahrgänge aus dem aktiven Erwerbsleben in Pension gehen und das System weiter bela- sten. Abgabenlast sowie Staatsverschul- dung sind bereits hoch, so dass es eigentlich keine Alternativen zum Bremsen der Staats- ausgabendynamik gibt. Das bedeutet, dass wir das gesetzliche Pensionsantrittsalter an- heben und an die Lebenserwartung anpas- sen müssen. Das würde auch den notwendi- gen Druck aus dem System nehmen, um die Abgaben auf Arbeit deutlich und nachhaltig senken zu können. Trotz der vorgezogenen Tarifsenkung der ersten Steuerstufe im ver- gangenen Jahr liegt Österreich hier weiter im europäischen Spitzenfeld. Nur in zwei Ländern bleibt Arbeitnehmern weniger Net- to vom erwirtschafteten Einkommen. Ich möchte auf die vielen Arbeitslosen zurückkommen, welche Lösungsmög- lichkeiten gibt es noch? Wichtig ist es, den Anstieg der krisenbe- dingten Arbeitslosigkeit rasch wieder zu be- seitigen, damit sich diese nicht wie nach der Finanzkrise verfestigt. Dafür brauchen wir in erster Linie Wachstum und Qualifizie- rung der Arbeitssuchenden. Ein großes Pro- blem am Arbeitsmarkt sind die Langzeitar- beitslosen. Diese Gruppe ist bereits vor der Krise gewachsen und die Beschäfti- gungschancen sinken erfahrungsgemäß mit Dauer der Arbeitslosigkeit. Es ist daher zu begrüßen, dass die Regierung hier neue Jobs in Unternehmen fördern will. Am ef- fektivsten kann man Langzeitarbeitslosig- keit bekämpfen, indem man diese gar nicht erst entstehen lässt. Hier geht es um eine stärkere Förderung, aber auch um eine For- derung der Arbeitssuchenden. Eine Mög- lichkeit spielt dabei auch die Umgestaltung des Arbeitslosengeldes. So sollten zu Be- ginn der Arbeitslosigkeit höhere Ersatzraten gezahlt werden, diese aber mit Dauer der Arbeitslosigkeit absinken und somit einen Anreiz geben, eine Stelle anzunehmen. Können Sie das bitte noch etwas weiter ausführen? Die Idee des degressiven Models ist es, den Anreiz zu erhöhen, einen Job anzunehmen, bevor die Ersatzraten sinken. Es geht hier deswegen auch nicht um eine Form der Be- strafung. Auch im derzeitigen System rutscht man beim Übergang vom- Arbeitslo- sengeld zur Notstandshilfe unter die 55 Pro- zent, wenn auch nur knapp. Aber in vielen Ländern sind Ersatzraten deutlich darunter bei langer Bezugsdauer der Fall. Nicht ver- gessen darf man dabei, dass es natürlich weiterhin Mindestgrenzen geben wird, un- ter die die Versorgung des Sozialstaates nicht fallen kann. Das wird immer eine Summe sein, die das Überleben sichert. Streitpunkt wird sein, wie viel darüber hi- naus geleistet wird. Wie hält sich Österreich im Umgang mit Corona? Welche Vorschläge hätten Sie an die heimische Wirtschaftspolitik? Hanno Lorenz: „Die Idee des degressiven Models ist es, den Anreiz zu erhöhen, einen Job anzunehmen.“ Mai 2021 – GELD-MAGAZIN . 9

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