GELD-Magazin, April 2021

Myanmar: Hoher Blutzoll Inflation & Zinsen: EZB reagiert CHINA Staatsunternehmen belasten BRENNPUNKT . Kurzmeldungen Tage des Terrors. In unseren Breiten ist Myanmar ein eher unbekanntes Ter- rain. Dabei verfügt der Staat über eine hohe Einwohnerzahl von 54 Millionen, ist somit also kein Leichtgewicht. Die Bevölkerung ist Kummer gewohnt, denn ein jahrzehntelanger Bürgerkrieg prägte das Land. Das Gesundheitssystem lei- det unter einer hohen AIDS-Rate und ebenfalls nicht unerheblichen Drogenpro- blemen. Der Bildungssektor ist unter dem Militärregime besonders stark ge- schrumpft. Mehrere Hochschulen wurden vorübergehend oder ganz geschlos- sen, vor allem aus Angst vor Studentenaufständen und vor der Kritik der Intel- lektuellen. Der Human Development Index als Wohlstandsindikator der Verein- ten Nationen weist für Myanmar nur den weltweit 147sten Platz auf (zum Ver- gleich: Österreich liegt auf Rang 19). Nun wird das Land vom extrem harten Vorgehen der Machthaber gegen Demonstranten erschüttert. Berichtet wird von Gewehr-Salven in die Menge, darunter auch gegen Frauen und Kinder. Mehr als 100 Tote pro Tag werden nach solchen Gemetzeln gezählt. Die FAZ be- richtet, das Militärregime habe Demonstranten ganz unverhohlen gewarnt, sie liefen Gefahr, „in den Kopf und den Rücken geschossen zu werden“. Die deut- sche Zeitung spricht in diesem Zusammenhang zurecht von „Tagen des Tötens“. Das richtige Maß. In den vergangenen Wochen ha- ben die Diskussionen über ein möglicherweise uner- wünscht starkes Anziehen der Inflation zugenom- men. Der jüngste Aufwärtstrend bei den langfri- stigen Zinssätzen steigerte die Neugierde, wie die EZB reagieren würde. Olivier de Berranger, CIO bei LFDE, analysiert: „Der Anstieg der europäischen Zinssätze war vor allem einem Sogeffekt durch die Erhöhung der US-Zinsen geschuldet, während die Wachstumsaussichten für das erste Halbjahr auf dem Alten Kontinent mau sind und die Inflation wei- ter schwächelt.“ Mit der Ankündigung, dass die Wertpapierkäufe im Rahmen des Pandemic Emer- gency Purchase Programme (PEPP) im nächsten Quartal deutlich schneller als in den ersten Monaten dieses Jahres getätigt werden, wählte die EZB ver- mutlich das richtige Maß. Einerseits überraschte sie die Märkte positiv, was zu einem Rückgang der lang- fristigen Zinssätze sowie zu einer Verringerung der Risikoprämie von europäischen Peripherieländern führte. Andererseits ist dieser Schritt weiterhin aus- reichend moderat, um nicht als ungerechtfertigte Überreaktion wahrgenommen zu werden. „Klotz am Bein“. Kurzfristig bleibt Chinas Wirtschaftswachstum von den Exporten ab- hängig, der Übergang zu einer größeren Selbstversorgung ist noch nicht vollzogen. Längerfristig konzentriert sich Chinas kürzlich veröffentlichter Fünfjahresplan auf Qualitäts- und Produktivitätsverbesserungen. Was sich als nicht so einfach erweist, wie PGIM festhält: „Eines der Hauptprobleme, das die Produktivi- tät hemmt, ist das Modell der staatlichen Un- ternehmen (SOEs), das einige der größten Un- ternehmen des Landes umfasst und unter un- gleichen Bedingungen funktioniert.“ Was folg- lich die Gesamtproduktivität hemmt, insbe- sondere in Schlüsselindustrien wie den IT- Dienstleistungen, -Komponenten und der Au- tomobilindustrie. Chinas Ökonomie müsste sich also von SOEs entflechten, um die Ge- samtwirtschaft effizienter machen zu können. Credits: wikimedia/Ninjastrikers; pixabay Türkei: Vertrauen weiter erschüttert „Nachhaltig beschädigt“. Die dritte Entlassung eines türkischen Zentralbank-Gouverneurs durch Präsident Erdogan in weniger als zwei Jahren hat die Märkte negativ überrascht. Das Anleiheteam von M&G Investments kommentiert: „Die Entlassung von Gouverneur Agbal zugunsten eines Kandidaten mit politischem Hintergrund und etwas unortho- doxen wirtschaftlichen Ansichten stellt einen bedeu- tenden Rückschlag dar, der eine Rückkehr zum vor- herigen, eigenwilligen Politikmix wahrscheinlich macht.“ In jedem Fall dürfte die abrupte Entlassung das Vertrauen der Anleger in den türkischen Finanz- markt nachhaltig beschädigen. Das Risiko, dass die Krise auf andere Schwellenländer übergreift, ist zwar laut M&G relativ gering. Doch dieser Vorfall er- innert Anleger daran, wie fragil die Politik in vielen Schwellenländern ist. Recep Tayyip Erdogan, Präsident der Türkei 6 . GELD-MAGAZIN – April 2021

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