GELD-Magazin, Februar 2021

Nachhaltigkeits-Instrumentalisierung als Greenwashing? Viele Konzerne instrumentalisieren längst den Nachhaltigkeitsboom und nützen diesen gekonnt als Marketing- und Verkaufsstrategie, indem sie mit eigenen Schlagworten und Labels faire Produkte vortäuschen. Gute Absicht oder Greenwashing? Manchmal habe ich das Gefühl, dass gerade diejeni- gen, die sich bemühen, Gutes in die Welt zu bringen, besonders kritisch beäugt werden, weil eben heute alles hinterfragt wird. Und das ist gut so, denn oft ist das Misstrauen absolut berechtigt, davon zeugen un- zählige Beispiele. Gearbeitet wird mit versteckten Kompromissen – in- sofern, dass ein kleiner Teil umweltfreundlich ist, über den Rest jedoch nicht gesprochen wird – oder mit Beschönigungen, Verschleierungen und Bildern, die vom Inhalt ablenken. Selbst Falschaussagen wer- den verwendet oder es fehlen dann einfach die Nach- weise zur proklamierten Nachhaltigkeit, denn „Papier ist, wie wir wissen, geduldig“. „The devil is in the details“ Lassen wir einmal die gute Absicht gelten, denn Greenwashing muss ja nicht unbedingt absichtlich passieren. Die Frage ist ja auch: Wo beginnt Green- washing? Und wie so oft gilt: „The devil is in the de- tails.“ Kürzlich ist mir eine Pressenachricht mit der Headline „Österreich verhindert Greenwashing“ ins Auge gestochen. Während viele Mitgliedstaaten eine enge Verknüpfung der Nuklearforschung mit der Kli- maneutralität Europas herstellen wollten, hat sich Österreich dagegen ausgesprochen und vertritt die Meinung, dass Nuklearenergie das Label „klimaneu- tral“ nicht verdient. Nur weil diese Energieform we- niger mit CO 2 belastet ist als andere, dürften die langfristigen Risiken von Kernkraftwerken für un- seren Planeten nicht „grüngewaschen“ werden. Das Thema Atomstrom ist jedenfalls ein sehr geeig- netes Beispiel, um aufzuzeigen, dass die Debatte um das Thema Greenwashing keine einfache ist. Wo be- ginnt Greenwashing und wo hört es auf? Task Force für Nachhaltigkeit Das Thema wird auf politischer, regulatorischer Ebe- ne mittlerweile sehr ernsthaft betrieben. Ein Bericht der Meta-Aufsicht (International Organization of Se- curities Commissions) beispielsweise hat nach einer Überprüfung der Eigeninitiativen einzelner Auf- sichtsbehörden und Marktteilnehmer vor allem drei wiederkehrende Problemfelder identifiziert. Erstens voneinander abweichende Aktivitäten ver- schiedener Regulierungsbehörden insbesondere im Bereich der Offenlegungspflichten, zweitens das Fehlen gemeinsamer Definitionen nachhaltiger Akti- vitäten und drittens Greenwashing als Herausforde- rung für den Anlegerschutz. Mit diesen definierten Problemfeldern will sich die IOSCO gründlich befas- sen und richtet dazu eine Task Force für Nachhaltig- keit ein. Diese soll zudem die Koordination rele- vanter Regulierungs- und Aufsichtsansätze erleich- tern, Transparenz und Vergleichbarkeit der ESG-Da- ten schaffen, die Methoden und die Governance der Credit- und ESG-Rating-Agenturen durchleuchten und die Risiken des Greenwashing analysieren. Bewusstsein schafft Werte Integrität und Transparenz sind gerade im Wirt- schafts- und Finanzbereich wichtig, denn hier ist der Hebel groß! Wer in der Kundenberatung tätig ist, weiß, dass Vertrauensbildung enorm wichtig ist. Ver- trauen wird vermittelt durch kompetentes Transpor- tieren von Werten. Und Bewusstsein schafft Werte. Nach einer Umfrage des VKI zum Thema „Siegel und Greenwashing“ anlässlich des World Ecolabel Days wird Bewusstseinsbildung als eine Möglichkeit wahr- genommen, Konsumenten das entsprechende Rüst- zeug für diese Diskussion mitzugeben. Denn die Um- frage ergab, dass sich Konsumenten mehr „geprüfte“, also zertifizierte Nachhaltigkeit wünschen und diese Rolle dem Gesetzgeber und unabhängigen NGOs zu- spielen. Das Thema Greenwashing regt jedenfalls auf und vermutlich viele weitere Diskussionen an und das ist gut so. www.dragonfly.finance GASTBEITRAG . Susanne Lederer-Pabst, dragonfly finance Dr. Susanne Lederer-Pabst, dragonfly finance FOTO: beigestellt Februar 2021 – GELD-MAGAZIN . 29

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