GELD-Magazin, Februar 2021

„Arbeit ist zu hoch belastet“ ZUR PERSON Dr. Karl Sevelda (Jahrgang 1950) stu- dierte an der Wirtschaf tsuniversität Wien, im Jahr 1980 promovierte er zum Doktor der Sozial- und Wirtschaftswis- senschaf ten. Sevelda blickt auf eine 40-jährige Bankkarriere zurück und war von 2013 bis 2017 Vorstandsvorsitzender der Raiffeisen Bank International. Heute ist er Präsident von EcoAustria und auch weiterhin in vielen Gremien und Auf- sichtsräten aktiv. A ls ehemaliger Chef der Raiffeisen- bank International weiß Karl Se- velda, wo in der heimischen Wirt- schaft der Schuh drückt. Heute spricht er sich als Präsident des Forschungsinstituts EcoAustria für strukturelle Reformen aus. Was sind die Aufgaben und Forschungs- schwerpunkte von EcoAustria? EcoAustria ist ein unabhängiges Wirt- schaftsforschungsinstitut, das ich als markt- wirtschaftlich-liberal bezeichnen würde. Unser Fokus liegt auf der Analyse der öf- fentlichen Finanzen und der Effizienz des öffentlichen Sektors. Themen sind dabei etwa unser Pensionssystem, der Wirt- schaftsstandort Österreich oder die Digitali- sierung. EcoAustria leistet fundierte, unab- hängige, evidenzbasierte Wirtschaftsfor- schung und liefert so einen Beitrag zur wirt- schaftspolitischen Diskussion im Land. Mit diesem Ansatz ist es EcoAustria gelungen, sich auf nationaler wie auch internationaler Ebene zu etablieren. Wie groß ist das Team, und wie erfolgt die Finanzierung? Wir sind ein gemeinnütziger Verein mit der Aufgabe, die wissenschaftliche Wirtschafts- forschung voranzutreiben. Die Finanzie- rung erfolgt einerseits aus Mitgliedsbeiträ- gen, andererseits finanzieren wir uns durch Aufträge für Analyse- und Forschungspro- jekte; zu den Auftraggebern zählen unter anderen Bundesministerien, Landesregie- rungen, die Europäische Kommission oder auch private Unternehmen. Ich bin stolz da- rauf, dass die Auftragsforschung bereits den größeren Teil der Einnahmen aufbringt. Das Team besteht aus neun Personen, acht Forschern und einer Assistenzkraft. Auch Ihr Institut verfolgt natürlich die wirtschaftlichen Folgen der Corona- Krise, wie wird es 2021 weitergehen? Was die Konjunktur betrifft, schließen wir uns alles in allem den Einschätzungen von IHS und Wifo an. Ich halte es in der gegen- wärtigen Situation zwar für mutig, kon- krete Zahlen zu nennen, ich glaube aber, dass sich die Wirtschaft im Laufe des heuri- gen Jahres erholen wird und dass wir im Unterschied zu 2020 wieder Wachstum se- hen werden. Leider sind Rückschläge nicht auszuschließen, wie uns die Mutation des Virus in einigen Ländern schmerzhaft vor Augen führt. Auch gilt es abzuwarten, wie sich verschiedene Maßnahmen zur Be- kämpfung der Pandemie auswirken werden, Stichwort Eintrittstests. Prinzipiell sehe ich aber trotz des verlängerten Lock Downs ei- nen Silberstreif am Horizont, vor allem we- gen der nun anlaufenden Impfungen. Wie sind Sie in Österreich mit den Maß- nahmen gegen die Krise zufrieden? Grundsätzlich positiv – wenngleich man mitunter den Überblick verliert. Bei einigen Maßnahmen, wie zum Beispiel der Abgel- tung des Umsatzausfalls, könnte ich mir vorstellen, dass die Treffsicherheit nicht im- mer gegeben ist bzw. war. Ich begrüße au- ßerdem, dass es beim Insolvenzrecht vorübergehende Änderungen und nunmehr eine Verlängerung dieser Maßnahmen gibt. Arm ist allerdings die Start-up-Szene und schwierig ist es in einigen Branchen auch für Großbetriebe wegen der relativ nied- rigen Betragsobergrenzen für Förderungen. Was könnte man noch besser machen? Um einer Zombifizierung von Unternehmen entgegen zu wirken, meine ich, dass man In Zeiten wie diesen regiert weiterhin das Prinzip Hoffnung, wobei die Politik angesichts von Corona nicht auf wichtige Strukturreformen verges- sen darf: Zum Beispiel auf die Senkung der Lohnkosten, meint Karl Sevelda. HARALD KOLERUS Die Wirtschaft wird sich erholen, im Unterschied zu 2020 werden wir heuer wieder Wachstum sehen. Credit: beigestellt/David Sailer IMAGES 18 . GELD-MAGAZIN – Februar 2021 INTERVIEW . Karl Sevelda, EcoAustria

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