GELD-Magazin, Dezember 2020 / Jänner 2021

Ein gutes Aktienjahr D ie Corona-Krise führte heuer an den Börsen zu extrem hohen Kurs- schwankungen. In Summe jedoch verlief das Jahr eigentlich ganz zufrieden- stellend. So mancher Marktteilnehmer fürchtet zwar momentan eine Überbewer- tung an den Börsen und damit eine Korrek- turgefahr, doch wer über den Tellerrand – sprich in das nächste Jahr blickt – könnte durchaus positiv überrascht werden. Wir sprechen mit Gerhard Winzer über die Chan- cen und Gefahren für Anleger im Jahr 2021. Seit Anfang November erholten sich die Börsen wieder deutlich. Zum Teil notie- ren sie sogar auf Allzeithochs oder knapp darunter. Ist die Euphorie überzogen? Das Jahr 2020 lief tatsächlich in Summe er- staunlich gut – anders als man erwarten konnte. Mit den richtigen Fonds wurde so- gar ordentlich Geld verdient. So legte z.B. unser Erste WWF Stock Environment seit Jahresbeginn um 66 Prozent zu, nachdem er 2019 bereits um rund 50 Prozent gestiegen ist. Ähnlich gut erging es auch Fonds mit den Themen Technologie, Neue Energien und Nachhaltigkeit. Verloren haben hinge- gen Börsen, die stark von zyklischen Werten dominiert sind, wie Österreich oder Osteur- opa, sowie in Ländern, die tiefe Krisen durchmachen, wie z.B. die Türkei. Hinter- grund ist die durch die Corona-Krise indu- zierte tiefe Rezession im 2. Quartal, aus der aber infolge umfangreicher Fiskalpakete – das erste wurde in den USA bereits am 23. März umgesetzt – im Sommer wieder eine rasche Erholung folgte. Die Börsen nahmen diese positive Entwicklung seit Mitte März wieder vorweg. Im Gegensatz z.B. zur Re- zession nach der Lehman-Krise, die durch strukturelle Probleme im Finanzbereich aus- Zu Ende des Pandemiejahres 2020 zeigt sich aufgrund großzügiger fiskali­ scher Rettungspakete und erster Impfstoffe eine Entspannung der Lage.Wir sprechen mit GerhardWinzer über seine Erwartungen an das Jahr 2021. MARIO FRANZIN Für Krisen aufgrund externer Schocks ist eine rasche Erholung typisch. Gerhard Winzer, Chef-Volkswirt bei der Erste Asset Management GmbH gelöst wurde, erholen sich die Märkte nach externen Schocks in der Regel wieder relativ rasch. Das haben wir z.B. auch nach der letzten Ölkrise 1979/1980 gesehen. Auf der einen Seite war es für die Wirt- schaft zwar sehr hilfreich, durch die großzügige Fiskalpolitik unterstützt zu werden. Wie kommen die Staaten aber nun wieder aus den stark angestiegenen Verschuldungen heraus? Die Geld- und Fiskalpolitik reagierte schnell und entschieden. Das war wichtig für die Re- alwirtschaft. Damit steigen die Staatsschul- den der OECD-Staaten um etwa 20 Prozent- punkte zum BIP – die Reaktion war zugege- benermaßen dramatisch, aber auch richtig. Was die Finanzierung der Schulden unter- stützt, sind extrem niedrige reale Renditen bei den Staatsanleihen. In Österreich liegen z.B. die Realzinsen bei etwa minus zwei Pro- zent. Mit zunehmender Erholung der Wirt- schaft wird auch die Inflation anziehen, was die realen Renditen vorerst weiter senken wird. Man sieht auch in den USA, wie sich die Federal Reserve durch Änderung der geldpolitischen Richtlinien auf anhaltend niedrige Zinsen bei gleichzeitig lockerer Handhabung des Inflationsziels einstellt. Wie groß ist die Gefahr, dass angesichts explodierender Schulden (z.B. in Italien) wieder eine Eurokrise entsteht? Das bleibt zwar ein heißer Ritt, aber ich bin optimistisch, dass es hier zu keiner ausge- wachsenen Krise kommen wird. In der EU unterstützt die EZB mit Anleihenkaufpro- grammen und als Game Changer die zuneh- mende Vergemeinschaftung der Staats- schulden zur Staatenfinanzierung – die Zin- sen werden auf sehr tiefem Niveau gehalten, Credit: beigestellt 8 . GELD-MAGAZIN – Jänner 2021 INTERVIEW . GerhardWinzer, EAM

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