GELD-Magazin, November 2020

U statt V Trotz solch positiver Nebeneffekte wird der Weg zurück zur Normalität schwierig wer- den. Harald Friedrich, Stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Liechtenstei- nischen Landesbank Österreich, kommen- tiert: „Das Wachstumstempo wird sich nicht nur wegen der steigenden Zahl an Corona- Neuinfektionen in den kommenden Mona- ten deutlich abflachen. Nach einer anfäng- lichen V-förmigen Erholung dürfte die wei- tere Erholung der Weltwirtschaft auf das Vorkrisenniveau aus heutiger Sicht eher einem U gleichen. Da mittlerweile bei den Testkapazitäten große Fortschritte erzielt wurden und Erfahrungswerte zur effektiven Behandlung von COVID-19 vorliegen, kön- nen glücklicherweise auch deutlich geziel- tere Maßnahmen gesetzt werden. Deshalb werden die wirtschaftlichen Auswirkungen aufgrund der neuerlichen Verschärfung der Corona-Situation deutlich geringer ausfal- len als jene im zweiten Quartal.“ Das Prinzip Hoffnung Es besteht also Hoffnung. Wozu passt, dass Stefan Neubauer, Vorstand der Kathrein Pri- vatbank, an die Markteinführung eines Impfstoffs in den kommenden sechs Mona- ten glaubt. Wodurch sich die globale Wirt- schaft dann relativ rasch erholen sollte: „Al- lerdings wird auch nach COVID-19 der Fo- kus auf Digitalisierung im Bereich der Kom- munikation und damit die verstärkte Akzep- tanz von Home-Office und virtuellen Mee- tings zu spüren sein und somit die Nachfra- ge nach Büroimmobilien und die geschäft- liche Reisetätigkeit nachhaltig reduzieren. Damit bleibt es für die Tourismusbranche und vor allem für Fluglinien auch zukünftig sehr herausfordernd.“ Ob sich wirklich ein Trend in Richtung Re-Regionalisierung ent- wickelt, sei schwer zu sagen, wäre aber aus europäischer Sicht wünschenswert. Neu- bauer: „Der Mega-Trend, welcher die Welt wohl nachhaltig verändern wird, ist der durch COVID-19 unterstützte Digitalisie- rungsboom, den wir aktuell hautnah miter- leben und auch die internationalen Aktien- börsen spiegeln diese Entwicklung ein- drucksvoll wider.“ Jens-David Lehnen, Lei- Leitfaden Zur schnellen Orientierung hat das GELD-Magazin „Investment- Ampeln“(Seiten 26 und 27) mit Privatbanken-Profis erstellt. Daran teil- genommen haben: Kathrein, Liechten- steinische Landesbank (Österreich), Zürcher Kantonalbank (Österreich), Schoellerbank und Raiffeisenlan- desbank NÖWien. Erfreulich und bemerkenswert: Ein großes „Heulen und Zähneklappern“ herrscht trotz der historischen Corona-Krise unter den Investment-Experten nicht. Zu Vorsicht wird natürlich geraten. Fest- zustellen ist eine Tendenz zu Qua- litätsaktien; dass es bei Börsen-En- gagements besonders in Zeiten wie diesen zu starken Volatilitäten kom- men kann, wird dabei von den Pri- vatbanken explizit hervorgehoben. „Dem Digitalisie­ rungsprozess hat die Corona-Krise einen ungeahnten Schub gegeben.“ Manfred Huber, Vorstandsvorsitzender Euram Bank ter Private Banking, Raiffeisenlandesbank NÖ-Wien, wirft für das GELD-Magazin ab- schließend einen ausführlichen Blick auf die Weltbörsen: „Nach dem schweren Kurs- sturz im ersten Quartal haben Aktienmärkte vielerorts ihr Vorkrisenniveau wieder er- reicht, die Bewertungen können aber insge- samt nach wie vor als fair bis attraktiv ein- geschätzt werden. Lediglich einige wachs- tumsstarke Unternehmen bzw. Branchen se- hen etwas ,überteuert‘ aus, wobei die hohen Bewertungen hier vor dem Hintergrund ei- ner sehr guten Geschäftsentwicklung und weiteren -prognose durchaus gerechtfertigt sind. Damit stehen die Aktienmärkte in Kon- trast zu den meisten Segmenten des Anlei- henmarktes, welche zum Teil enorm hoch bewertet sind. Diese relative Attraktivität der Aktienmärkte ist einer der Einflussfak- toren, die zu einem vorsichtig positiven Ausblick für 2021 beitragen. Die weiteren wichtigen Eckpfeiler sind die erwartete Er- holung von Konjunktur und Unternehmens- gewinnen sowie die Geldpolitik.“ Investmentchancen Zusammengefasst: Es gibt also auch jetzt gute Anlagemöglichkeiten. Zum Beispiel fa- vorisiert der Schoellerban-Experte Hengl internationale Aktien mit starken Wettbe- werbsvorteilen und soliden Bilanzen. Eu- ram-Vorsitznder Huber meint: „Nach dem Motto ,Jede Krise bietet auch Chancen und Möglichkeiten‘ haben wir verstärkt nach Unternehmen gesucht, die trotz der welt- weiten Lock Downs ihren Umsatz steigern konnten.“ Gute Beispiele dafür sind Amazon und Zoom (Video Calls). Eine Zusammen- fassung der Experten-Strategien finden Sie auf den vorhergehenden Seiten. Credit: beigestellt 24 . GELD-MAGAZIN – November 2020 BANKING . Strategie der Privatbanken

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