GELD-Magazin, Oktober 2020

16 . GELD-MAGAZIN – Oktober 2020 Deflation Einhalt geboten. Auch wenn das Ziel einer „gesunden Inflation“ verfehlt wurde. Die Inflationsrate für Konsumgüter in Japan bewegte sich in den letzten 40 Jah- ren zwischen minus 1,4 und plus 7,8 Pro- zent. Das ergibt eine durchschnittliche Teu- erung von 1,1 Prozent pro Jahr. Für 2019 wurde eine Inflation von 0,5 Prozent er- rechnet; 2020 sollen es 0,2 und im kom- menden Jahr 0,4 Prozent sein. Zum Ver- gleich: In den EU-27 fällt die Teuerungsrate rund drei Mal so hoch aus. Ein weiteres Spezifikum der japanischen Volkswirtschaft ist die extrem hohe Staats- verschuldung mit rund 240 Prozent des BIP. Der Weltrekord unter Industrienationen macht den Japanern – aber auch internatio- nalen Marktbeobachtern – wenig Sorgen, Finanzierungsprobleme liegen keine vor. Begründung: Zum Unterschied etwa zu Griechenland (mit „nur“ 180 Prozent des BIP verschuldet) gilt Japans Wirtschaft als konkurrenzfähig und der Staat als kredit- würdig. Außerdem wird das Defizit vorwie- gend von der japanischen Zentralbank fi- nanziert und die Zinslast für beispielsweise zehnjährige Staatsanleihen ist gering. Abes gute Bilanz Somit fällt die Bewertung der „Abenomics“ nicht perfekt aber passabel aus. Während Abes Amtszeit hat sich die Profitabilität der japanischen Unternehmen im Schnitt ver- doppelt und auch die Entwicklung der Ak- tienmärkte war deutlich positiv. Außerdem nimmt Abe den Ruf eines sicheren Staaten- lenkers und Krisenmanagers ein. Für Unru- he sorgte deshalb sein überraschender Rücktritt aus gesundheitlichen Gründen. Wie wird es weitergehen? Entwarnung Übermäßige Sorgen sind fehl am Platz. Die Machtübergabe an Yoshihide Suga klappte reibungslos. Die Zeichen stehen auf Konti- nuität. Suga, einer der engsten Verbündeten Abes, hat den Ruf, inhaltlich maßgeblich für dessen Wirtschaftspolitik verantwortlich zu sein. Er hat außerdem uneingeschränkt klargestellt, den wirtschaftspolitischen Kurs seines Vorgängers fortzusetzen. Suga ist auch derjenige, der Japan aus der Pandemie herausführen soll. Stichwort Corona: Japan ist - bezogen auf die Gesundheit der Bevöl- kerung - bisher gut durch die Krise gekom- men, obwohl auf einen harten Lock Down verzichtet wurde. Statt Menschen stichpro- benartig zu testen, konzentriert man sich im Land der aufgehenden Sonne auf eine strik- te Kontaktverfolgung, um potenzielle Su- per-Spreader aufzuspüren und zu isolieren. Vielleicht ein internationales Vorbild? Covid: Ein Sonderweg Mit der Wirtschaft und den Bürger- rechten geht Japan in der Corona-Kri- se viel behutsamer als viele andere Staaten um. Das Gesundheitssystem ist nicht zusammengebrochen, die Morta- lität bleibt gering. Seit August geht die Zahl der Neuinfektionen zurück – diese hielt Ende September bei knapp 300 Fällen täglich; bisher sind insgesamt rund 1500 Todesopfer zu beklagen. Trotzdem sorgen die Empfehlungen wichtiger Lokalpolitiker zu Geschäfts- schließungen, die Umsatzrückgänge im Einzelhandel, der Gastronomie, der Tourismus- und Freizeitwirt- schaft und im Außenhandel für mas- sive Rückgänge bei allen wichtigen Wirtschaftsindikatoren. Großzügige Hilfspakete der Regierung für Wirt- schafstreibende wie private Haushalte – 20 Prozent der Wirtschaftsleistung Japans sind dafür vorgesehen – wer- den kaum in der Lage sein, den zuge- fügten Schaden wiedergutzumachen. Bruttoinlandsprodukt Japan: Corona macht beimWachstum einen Strich durch die Rechnung. Für das Jahr 2024 wurde das BIP Japans auf rund 6,26 Billionen Dollar prognostiziert, siehe Grafik. Das war allerdings vor Ausbruch der Covid-19-Pandemie. In seiner jüngsten Einschät- zung geht der Internationale Währungsfonds von einem Einbruch des Wirtschaftswachstums im heurigen Jahr um knapp sechs Prozent aus. Quelle: Statista 1980 1982 1984 1986 1988 1990 1992 1994 1996 1998 2000 2002 2004 2006 2008 2010 2012 2014 2016 2018 2020* 2022* 2024* Bruttoinlandsprodukt inMilliardenUS-Dollar 7.000 6.000 5.000 4.000 3.000 2.000 1.000 * Schätzung/Prognose BRENNPUNKT . Japan

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