GELD-Magazin, Oktober 2020

Credit: U.S. Army Sgt. Amber I. Smith 14 . GELD-MAGAZIN – Oktober 2020 In Japan ticken die Uhren anders. Die enorm hohe Staatsverschuldung wird lässig hingenommen, Lock Down gab es keinen und Inflation ist nahezu unbekannt.Wie geht es jetzt nach dem Rücktritt von Premier Abe weiter? HARALD KOLERUS Die „inseligste“ Insel J apan tickt anders, das macht auch einen Teil seiner Faszination aus. Ich bezeichne das Land manchmal als die ,inseligste‘ aller Inseln“, so Ingomar Lochschmidt, Wirtschaftsdelegierter der WKO in Tokio. In seiner fast 40-jährigen Be- rufskarriere war er unter anderem in Nord- korea, Brasilien, Saudiarabien oder Paki- stan tätig. „Keiner dieser Staaten war aber so exotisch wie Japan“, sagt Lochschmidt im Gespräch mit dem GELD-Magazin. So flat- tert beispielsweise fast jeden Tag noch ein Telefax in sein Büro in Tokio. Ein Kommuni- kationsmittel, an das sich in unseren Brei- ten viele Jüngere gar nicht mehr erinnern können. Auf und Ab Auch die wirtschaftliche Entwicklung im Land der aufgehenden Sonne ist ungewöhn- lich: Einst als neue ökonomische Super-Po- wer, die High-Tech-Nation schlechthin und Börsen-Großmacht gefeiert, war die Er- nüchterung mit dem Platzen der Immobili- en- und Aktienblase Anfang der 90er-Jahre umso größer. Ein tiefer Schock von dem sich Japan nie richtig erholen konnte. Auch wenn ein Macher auftauchte, der fast schon zur Lichtgestalt am Horizont hochstilisiert wurde: Shinzo Abe. Er war 2006/2007 und von 2012 bis 2020 Premierminister, kein anderer vor ihm nahm so lange am „Chef- sessel“ Platz. Und der 1954 geborene stu- dierte Politologe kam zur rechten Zeit: Ja- pan litt fast zwei Jahrzehnte unter Deflation bzw. anhaltenden Perioden von Preisrück- gängen. Bis 2013, als die Konjunkturpolitik Abes, „Abenomics“ genannt, dazu beitrug, Teile der Wirtschaft aus der Flaute wieder- zubeleben. Dabei zog Abe symbolisch ge- sprochen (ein oft bemühtes Bild) drei Pfeile aus dem Köcher der Volkswirtschaft: Sie re- präsentieren eine historisch beispiellose Lo- ckerung der Geldpolitik, Infrastrukturinve- stitionen und Strukturreformen. Die Pfeile landeten durchaus herzeigbare Treffer, die Konjunktur wurde angekurbelt und der BRENNPUNKT . Japan Im Jahr 2018 betrug die Staatsverschuldung Japans 237 Prozent des BIP. In Prognosen, die noch vor Covid erstellt wurden, sollte sich in den kommenden Jahren die Quote auf diesem Niveau einpendeln. Jetzt ist aber mit einer nochmaligen Ausweitung zu rechnen. in Relation zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) MASSIVE STAATSVERSCHULDUNG HÄLT AN Quelle: Statista 1980 1982 1984 1986 1988 1990 1992 1994 1996 1998 2000 2002 2004 2006 2008 2010 2012 2014 2016 2018 2020* 2022* 2024* Staatsverschuldung inRelation zumBIP 250% 200% 150% 100% 50% 0% * Schätzung „

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