GELD-Magazin, Juli/August 2020

AKTIEN . Österreich D er Konsum springt langsam wieder an, und auch die Inves­ titionen. Doch die Erholung geht nicht ganz so rasch von­ statten, wie viele ursprünglich gehofft hat­ ten. Trotz vielfacher Beteuerungen seitens der Politik, dass spätestens Anfang 2021 auch in Österreich ein wirksamer Impfstoff gegen den SARS-CoV2-Virus zur Verfügung stehen sollte, bleibt die Unsicherheit des Herbstes und des Winteranfangs hoch. An­ gesichts dessen notieren die Kurse an den in­ ternationalen Börsen erstaunlich hoch. In den USA wird aufgrund der boomenden Technologiewerte ein Allzeithoch nach dem anderen gerissen, der deutsche Aktienindex DAX liegt beinahe wieder auf dem Niveau wie vor dem Einsetzen der Krise. Lediglich die Wiener Börse verharrt noch in einem Donröschenschlaf. Der ATX weist im Ver­ gleich zum Jahresanfang noch immer ein Minus von rund 30 Prozent auf, wobei am Tabellenende auch Paradeunternehmen wie Lenzing, OMV, Immofinanz oder die Erste Group Bank zu finden sind. Ihr Vorkrisenni­ veau überschritten haben lediglich Sempe­ rit, Mayr-Melnhof, Marinomed und der Ver­ bund. Das Erstaunliche daran ist, dass bei einem Drittel der im ATX Prime gelisteten Unternehmen das für 2021 erwartete Kurs- Gewinn-Verhältnis (KGV) im einstelligen Be­ reich liegt, was im Umkehrschluss einer Ge­ winnrendite von mehr als zehn Prozent ent­ spricht – und das bei Zinsen auf Spareinla­ gen von praktisch null. Banken fürchten Insolvenzwelle Auch wenn es nicht so schlimm kommen wird, wie viele befürchten, haben die Ban­ ken im ersten Halbjahr begonnen, die Rück­ stellungen für eventuelle Kreditausfälle zu erhöhen – was sich natürlich negativ auf die Gewinne niederschlägt. So wies die Erste Bank im ersten Halbjahr dieser Position 614 Millionen Euro zu, Die Raiffeisen Bank In­ ternational (RBI) 158 Millionen und die Ba­ wag 65 Millionen Euro. Die Banken gehen davon aus, dass diese Vorsorgen genügen werden bzw. die Bawag erwartet für das zweite Halbjahr eine geringerere Zuweisung als im ersten Halbjahr, sofern es zu keinen weiteren großflächigen Störungen durch die Pandemie kommen wird. Angesichts dessen sind die Banken-Aktien günstig. Die Bawag notiert um ein Viertel, die Erste Bank um 40 Prozent und die RBI gar um 60 Prozent un­ ter ihren jeweiligen Buchwerten. Versicherungen zum halben Preis Ein ähnliches Schicksal weisen beide Versi­ cherungswerte an der Wiener Börse auf. So­ wohl Uniqa als auch die Vienna Insurance Group (VIG) notieren um rund 50 Prozent unter ihren Buchwerten, wobei die opera­ tiven Entwicklungen im ersten Halbjahr durchaus ansehnlich waren. Zudem punktet die VIG mit einer Dividende von 1,15 Euro je Aktie, was einer Rendite von stolzen 5,61 Prozent entspricht. Der endgültige Be­ Viele Nachzügler Mehr als ein Drittel der ATX Prime-Unternehmen wird 2021 eine Gewinnrendite von mehr als zehn Prozent aufweisen. Bei den derzeit niedrigen Kursen sollte man daher eine Einkaufstour planen. MARIO FRANZIN Bodenbildung zu erwarten. Völlig konträr zum deutschen Pendant, dem DAX, schwä­ chelten die Kurse an der Wiener Börse über die Sommermonate. Ende Juli wurde sogar mit 2123 Punkten ein Sommertief markiert. Die anschließende leichte Erholung ließ je­ doch jede Dynamik vermissen. Damit wird die Befürchtung genährt, dass wir im Herbst nochmals die 2000er-Marke sehen könnten. ATX-INDEX . Seit Juni ging es wieder abwärts schluss und die Auszahlung wird auf bzw. nach der Hauptversammlung erfolgen, die für den 25. September anberaumt ist. Die Uniqa hingegen wird die Dividende für 2019 von 0,53 auf 0,18 Euro kürzen (Rendite: 2,23 %) und jene für 2020 gänzlich ausfal­ len lassen, um die Liquidität für die Über­ nahme der AXA-Töchter in Osteuropa zu be­ wahren. Wer also auf einen dividenden­ starken Versicherungstitel setzen will, dem sei hier besonders die VIG ans Herz gelegt. Immobilien belastet – aber günstig! Zum Teil deutlich unter ihren Buchwerten notieren ebenso die Immobilien-Aktien – der Abschlag macht bei der S Immo und der CA Immo jeweils rund 20 Prozent, bei der UBM Development 33 Prozent und bei der Immo­ finanz sogar rund 50 Prozent aus. Die Angst der Anleger, dass es noch zu stärkeren Ab­ wertungen der Immobilienwerte in den Bilanzen kommen könnte, hält die Kurse noch auf niedrigem Niveau. Wobei hinzuge­ sagt werden muss, dass Abwertungen einer­ seits nicht cashwirksam sind und zweitens die Mietrenditen erhöhen. Dass befürchtete Mietausfälle die Ursache für die niedrigen Kurse sind, kann verneint werden. Denn alle Indexpunkte Jän. Feb. März April Mai Juni Juli Aug. 2.200 2.000 1.800 1.600 2.800 2.600 2.400 3.000 3.200 64 . GELD-MAGAZIN – September 2020

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