GELD-Magazin, Juli/August 2020

Wird die Technologie-Hausse nicht langsam unheimlich? Nicht, wenn wir bedenken, dass heute fast jeder auf Cloud Computing, Streaming und E-Commerce an- gewiesen ist, vor allem die Unternehmen. Wir sehen einen digitalen Wandel. Neue Technologien verän- dern die Art und Weise, wie Unternehmen Geschäfte tätigen und das Kaufverhalten der Konsumenten. DieWelt steuert also auf eine neue digitale Realität zu? Ja, denn die Corona-Krise hat die Digitalisierung noch beschleunigt. Wer nicht diesem Trend folgt, bleibt zurück. Ich nenne nur die Prozessautomatik in der Produktion und Big Data. Riesige Datenmengen machen Trends wie die KI oder kundenorientiertes Management samt digitalen Lernprozessen (Deep Learning) erst möglich. Während des COVID- 19-Ausbruchs haben wir eine dramatische Verände- rung der Rolle erlebt, die Technologie in den Leben der Menschen spielt. Aber ist der Trend zu Mega Caps an den Bör- sen nicht gefährlich? Der Technologiesektor beherrscht die Aktienmärkte und wird aufgrund des digitalen Wandels weiter wachsen. Bloomberg zufolge sind heute sieben der zehn wertvollsten Unternehmen mit Technologie verbunden. Apple weist eine Marktkapitalisierung von rund 2,1 Billionen Dollar auf. Amazon liegt mit 1,6 Billionen nicht weit dahinter. Wir sind der An- sicht, dass die Bewertungen angesichts der starken Fundamentaldaten und der Wachstumsstärke in diesem Bereich gerechtfertigt sind. Die KGVs sind weit von den Höchstständen der Dot-Com-Ära ent- fernt. Der Sektor ist der zweitrentabelste im S&P- 500-Index. Welches sind dieWachstumsthemen der Zu- kunft? KI und maschinelles Lernen, Cloud-Computing, Da- tenanalyse, Cybersicherheit, E-Commerce, Fintech und digitale Zahlungssysteme, digitale Werbung und Kommunikation über das 5G-Netz. Digitale Un- ternehmen verstehen Kunden und Geschäftspro- zesse besser und können Produktivitätsgewinne er- zielen. Digitale Tools sind erforderlich, um konkur- renzfähig zu bleiben. Jonathan Curtis, Fondsmanager Franklin Technology . INTERVIEW „Die B2B-Ausgaben haben ihre Talsohle hinter sich gelassen, da technologische Projekte versuchen, ihre Dynamik vor der Corona-Krise wiederzugewinnen.“ kten mit hohen Eintrittsbarrieren tätig sind, gute langfristige Wachstumsaussichten ha- ben und ihre Leistungen auch monetarisie- ren können. Neue Trends dank Corona Als Folge der Pandemie hat sich die Digitali- sierung wesentlich beschleunigt. Ernst & Young hat kürzlich festgestellt, dass wäh- rend der Pandemie eine Reihe fundamen- taler Veränderungen eingetreten sind, deren positive Folgen für den Technologiesektor weit über die Krise hinaus andauern wer- den. Auf lange Sicht ist z.B. damit zu rech- nen, dass die Nutzungen vernetzter Geräte, der Künstlichen Intelligenz und des Inter- nets immer weiter zunehmen werden, wäh- rend sich die Menschen an ein neues Leben nach Covid-19 gewöhnen. Eine neue techno- logische Infrastruktur wird Volkswirtschaf- ten zudem bei ihrer Erholung nach der Pan- demie unterstützen. Unheimliche Kurssprünge Allerdings hat sich die Techno-Börse Nasdaq in den letzten Augusttagen deutlich erhitzt. Der US-Konzern Apple ist erstmals auf einen Börsewert von mehr als zwei Billionen Dol- lar gestiegen und damit zum wertvollsten börsennotierten Konzern der Welt avanciert. Am denkwürdigen 26. August stiegen die Bewertungen der meisten FAAMG-Aktien um 20 bis 40 Milliarden Dollar – und das nur an einem einzigen Tag! Mittlerweile ma- chen die FAAMGs, also nur fünf Aktien, fast 30 Prozent der gesamten Marktkapitalisie- rung des S&P-500-Index aus. Das KGV des Elektroauto-Pioniers Tesla lag Ende August bei 972. Seit dem Auftauchen des US- „Fremium“-Brokers Robinhood, der mit Nullspesen um Kunden wirbt, wird offenbar auf Teufel komm raus gezockt. Bedenklich stimmt dabei die Tatsache, dass die großen Anlegeradressen, die institutionellen Inve- storen wie z.B. Pensionsfonds, sich bei die- ser extremen Hausse zurückhalten und ab- warten – wie z.B. auch der US-Superinvestor Warren Buffet. Das macht sich in negativen Divergenzen im Nasdaq-100-Chart bemerk- bar, was als Warnsignal gilt. Techno-affine Investoren sollten ihr Glück lieber mit Neu- aufsteigern versuchen, die noch Jahre star­ ken Wachstums vor sich haben und deren Wert noch nicht so aufgebläht ist. MÄRKTE & FONDS . Branche Technologie „Die regulatorischen Attacken auf die US-Techno-Riesen werden ohne durch­ greifende Wirkung bleiben, da diese für die US-Wirtschaft unverzichtbar sind und im Wettbewerb mit China stehen.“ Mikko Ripatti, Fondsmanager des DNB Technology Credit: pixabay; bereitgestellt; Archiv 44 . GELD-MAGAZIN – September 2020

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