GELD-Magazin, Juli/August 2020

Investitionen in Rentenfonds – Risiken und Nebenwirkungen Für viele Investoren in Europa sind festverzinsliche Wertpapiere, die sogenannten Renten, trotz der seit Jahren andauernden Niedrigzinsphase immer noch die erste Wahl. Dies spiegelt sich auch in den monatlichen Stati- stiken zu den Mittelbewegungen in der europäischen Fondsindustrie wieder. Fonds, die in Rentenpapiere investieren, können sich über deutliche Mittelzuflüs- se freuen. Auch wenn es auf den ersten Blick schwer zu verstehen ist, dass die Investoren in Zinspapiere investieren, die nur noch eine sehr niedrige Rendite aufweisen, machen diese Investitionen zumindest aus kurzfristiger Sicht Sinn. Die Anleihenkauf- und Hilfsprogramme der großen Zentralbanken, die in der Folge der Corona-Krise gestartet wurden, werden dafür sorgen, dass die Zinsen auf dem niedrigem Ni- veau bleiben beziehungsweise sogar noch weiter sin- ken könnten. So betrachtet scheint es so zu sein, dass die Anleger mit ihren Investition in Rentenpapiere darauf spekulieren, dass die hohe Nachfrage der Zen- tralbanken zu weiter fallenden Zinsen, und damit zu steigenden Kursen bei Renten führen werden. Die ge- stiegenen Preise für Anleihen haben in der Folge zu sehr guten Ergebnissen bei Rentenfonds und renten- lastigen Mischfonds geführt. Höhere Anfrage nach Anleihen aus den Schwellenländern Da viele Anleger aber neben Kursgewinnen auch re- gelmäßige Einkünfte aus ihrem Kapitalvermögen be- nötigen, haben die fallenden Zinsen von Staatsanlei- hen aus Industrienationen im Laufe der letzten Jahre zu einer höheren Nachfrage nach Unternehmensan- leihen wie aber auch nach Staatsanleihen aus Schwellenländern geführt. Denn die Emittenten die- ser Anleihen müssen an den Kapitalmärkten einen Aufschlag, den sogenannten Spread, bei den Zinsen zahlen, da ihre Anleihen, aus Sicht der Anleger, mit einem höheren Risiko behaftet sind als die der Staatsanleihen aus den Industrienationen. Im Zuge der sinkenden Zinsen von Staatsanleihen sind insbesondere die Sicherheitsaufschläge für Un- ternehmensanleihen aufgrund der starken Nachfra- ge deutlich gefallen, wodurch die Papiere entspre- chende Kursgewinne aufwiesen. Aufgrund der zum Teil stark gefallenen Spreads ist es allerdings mittler- weile fraglich, ob die Anleger in den jeweiligen Anlei- hen noch für die von ihnen übernommenen Risiken entschädigt werden. Denn, auch wenn die Kursent- wicklung etwas anderes vermuten lässt, können die- se Anleihen erhebliche Risiken beinhalten. Hinzu kommt, dass die Kursgewinne von Anleihen sich über die Laufzeit hinweg abbauen, da jede An- leihe nur zum Nennwert zurückgezahlt wird und der liegt in vielen Fällen weit unter dem derzeitigen Preis der jeweiligen Anleihe. Diese Systematik könnte dazu führen, dass viele Rentenfonds und rentenla- stige Mischfonds, die in der Vergangenheit hohe Wertzuwächse verzeichneten, zukünftig eine eher mäßige Performance aufweisen könnten. Fazit Dementsprechend sollen Anleger, die in Renten- und rentenlastigen Mischfonds investieren wollen, darauf achten, das sie die Risiken in den jeweiligen Portfo- lios kennen und richtig einschätzen. Dabei ist zu be- achten, dass ein möglicher Kursverfall bei Rentenpa- pieren sehr schnell vor sich gehen kann, wodurch die Möglichkeit, Verluste durch einen Verkauf der ent- sprechenden Papiere beziehungsweise Fonds zu be- grenzen nur eingeschränkt gegeben ist. www.lipperleaders.com Detlef Glow, Head of Lipper Research EMEA September 2020 – GELD-MAGAZIN . 37 GASTBEITRAG . Detlef Glow, Lipper Research Credit: Archiv Fürden InhaltderKolumne istalleinderVerfasserverantwortlich.Der InhaltgibtausschließlichdieMei- nungdesAutorswieder,nichtdievonRefinitiv. Zur Person Detlef Glow ist Leiter der EMEA-Forschung bei Refinitiv Lipper. Er kam 2005 von FERI Wealth Management, wo er als Director of Portfolio Management für die Verwaltung von getrennten Konten für vermögende Privatpersonen (HNWI) zuständig war. Vor seiner Tätigkeit bei FERI war er neun Jahre bei der tecis Holding AG tätig, zuletzt als Head of Fund Research bei der tecis Asset Management AG. Detlef Glow hat einen MBA mit Schwerpunkt Finanz- dienstleistungen von der University of Wales / Cardiff sowie einen BA in Busi- ness Administration.

RkJQdWJsaXNoZXIy MzgxOTU=