GELD-Magazin, Juli/August 2020

cherung usw.). Ungenügend ist die Reakti- onsgeschwindigkeit der Versicherer auf die- se Entwicklung, denn erst rund die Hälfte der Assekuranzen weltweit bietet bislang auch nutzenbasierte Produkte an. Mit Hilfe der Start-ups Oft begnügt man sich von Seiten der Versi- cherer, den Vertrieb oder interne Abläufe zu digitalisieren, nicht jedoch dem Kundenbe- dürfnis entsprechende Produkte zu entwi- ckeln. Diese Disziplin bleibt den Insurtechs und Tech-Konzernen vorbehalten, die nicht dem strengen Regulativ der Finanzaufsich­ ten unterworfen sind und es daher leichter haben, persönliche Daten für personalisier- te Produkte zu nutzen. Die Insurtech-Szene boomt. Über 6,4 Milliarden Dollar wurden im Vorjahr in Versicherungs-Startups inve- stiert. Die größten Investoren sind dabei die Versicherer selbst. Dabei zeigt sich auch eine Verschiebung des Investoreninteresses von digitalen Vertriebslösungen hin zu ana- lytischer Datengewinnung, was auch auf ein verstärktes Interesse an neuartigen Produk­ ten hinweist. Auch österreichische Versicherer haben die Zeichen der Zeit erkannt und kooperieren mit den jungen Unternehmen in verstär- ktem Maße. „Durch die immer kürzeren In- novationszyklen kann ein Unternehmen aus eigener Kraft die Entwicklungen gar nicht mehr alleine beherrschen“, erklärt Alexand- er Bockelmann, von der Schweizer Baloise Group, die Notwendigkeit der Zusammen- arbeit von etablierten Versicherungen mit Startups. „Wir können Kundenwert besser und schneller generieren, wenn wir mit ex- ternen Innovationstreibern zusammenar- beiten.“ Die Corporate Venture Capital Ein- heit der Uniqa hat die Investitionen in junge Unternehmen 2019 um 75 Millionen Euro erhöht und strebt einen Ausbau der verfüg- baren Mittel auf 150 Millionen Euro an. Die VIG hält viele Kooperationen und Beteili- gungen mit internationalen digitalen Start­ ups. Wir nutzen ganz bewusst die Innovati- onsszene“, erklärt Elisabeth Stadler, Vor- standsvorsitzende der VIG. So kooperiert die VIG mit dem Digital Impact Lab Leipzig. „Dies ermöglicht uns den Zugang zu einem vom Lab aufgebauten InsurTech-Netzwerk, um beispielsweise Innovationsprojekte in der Produktentwicklung und Nutzung von Big Data durchzuführen“, erklärt Stadler. Die VIG ist zusammen mit der Wiener Städ- tischen auch „Founding Partner“ der Inno- vationsplattform Plug and Play Tech Center aus dem Silicon Valley. Auch innerhalb der Gruppe wird fleißig an personalisierten Produkten gewerkt. So arbeitet die VIG im Bereich personalisierter Produkte in Polen an der Entwicklung einer neuartigen Tarif- gestaltung in der Kfz-Versicherung. „Ziel ist es, mit der Berücksichtigung individueller Verhaltensmerkmale der Kunden letztend- lich zu einer individuellen Preis- und Pro- duktgestaltung in Echtzeit zu kommen“ so Stadler. Derzeit laufen über 180 Digitalisie- rungsprojekte innerhalb der VIG-Gruppe, wofür jährlich rund 50 Millionen Euro inve- stiert werden. Regulierung als Hoffnungsschimmer Aufgrund der oftmals überbordenden Regu- latorik sind den Versicherungen nicht selten die Hände gebunden, wenn es darum geht, Kundenbedürfnisse zu befriedigen. Dies gilt vor allem im Bereich des Datenschutzes. So bietet die Uniqa bereits heute ein DNA-Ana- lyse-Tool an, wobei die Uniqa jedoch nicht direkt die Daten erhält, sondern dabei aus- schließlich als Schnittstelle fungiert. Der strenge Datenschutz in der EU zwingt die Unternehmen daher zu Kompromisslösun­ gen. Die VIG z.B. ermittelt aus Datenschutz- gründen nicht auf der Ebene Einzelkunde, sondern arbeitet mit Kleinsegmenten bei der Datenanalyse. Während aber viele über die Überregulierung jammern, ist Johannes Martin Hartmann, CEO der VIG Re, da an- derer Meinung. „Regulierung ist gut für un- sere Branche, denn sie ist eines der wesent- lichen Markteintrittsbarrieren für die digi- talen Riesen“. Es gäbe gewisse Prozesse, die Tech-Giganten nicht so einfach abbilden könnten, wobei die Regulierung eine große Rolle spiele. Daher geht auch Elisabeth Stadler davon aus, dass die großen Tech- Unternehmen in Zukunft eher als Vertrieb- spartner für Versicherungen in Frage kom- men. Credits: VIG/Ian Ehm; beigeestellt, areebarbar adobe /stock Juli/August 2020 – GELD-MAGAZIN . 77 Die Tech-Giganten werden eher unsere Vertriebspartner, als dass sie zu unseren Konkurrenten werden. Elisabeth Stadler, CEO, Vienna Insurance Group Die strenge Regu­ lierung ist gut für unsere Branche, denn sie ist eines der wesentlichen Markteintritts­ barrieren für die digitalen Riesen. Martin Hartmann, CEO der VIG Re

RkJQdWJsaXNoZXIy MzgxOTU=