GELD-Magazin, Juni 2020

Angesichts der Pandemie wird der Einsatz von Schulden nicht nur empfohlen, sondern es ist auch der richtige Weg! Christine Lagarde, Präsidentin der EZB Credit: CGD_KavehSardari 10 . GELD-MAGAZIN – Juni 2020 gänger seit langem sehnen. Nicht nur würde es den Druck auf die Zentralbank reduzie- ren, sondern auch zukünftige Interventi- onen abmildern und rechtliche Kritik aus dem Weg räumen. Während es die eigent- liche Aufgabe der EZB wäre, für Preisstabili- tät zu sorgen, bedient ihr Pandemie-Notfall- programn nämlich mehr denn je den Bedarf, die Finanzmärkte über Staatsanleihekäufe zu stabilisieren. Der Recovery Fund der EU- Kommission könnte diese Arbeit erleichtern, indem er dazu beiträgt, die Marktstimmung zu verbessern. Zusätzlich würde die Form der Finanzierung durch Anleihen, die von der Europäischen Kommission ausgegeben werden, weiteren Finanzierungsspielraum verschaffen. Denn derzeit stößt die EZB bei der Auflage, Anleihekäufe entsprechend der Größe der einzelnen Volkswirtschaften zu verteilen, um Verstöße gegen das Verbot der Staatsfinanzierung zu vermeiden, immer wieder an rechtliche und geldpolitische Grenzen. Von der Kommission ausgegebene Anleihen könnte sie jedoch ohne allzu große Probleme in ihre Bilanz aufnehmen. Bedingungen benötigt Langfristig könnte der Recovery Fund also die Kaufkraft bereitstellen, welche die EZB seit langem von den Regierungen gefordert hat. Seit Jahren hat die Zentralbank über immer stärker ausufernde geldpolitische Im- pulse Liquidität in das Finanzsystem ge- pumpt, doch die Inflation bewegte sich nicht vom Fleck. Angesichts der historisch nied- rigen Kreditkosten und dem Ausmaß der Re- zession gibt es eigentlich kaum eine Ent- schuldigung mehr, warum die Regierungen nicht unterstützend zur Seite stehen sollten. Es geht nun darum, den Konsum schnell zu unterstützen, um eine weitere Verschärfung und Verlängerung der Rezession einzudäm- men und gleichzeitig zu vermeiden, dass Re- gierungen das leicht verfügbare Geld ineffi- zient nutzen. Um nur produktive Kapazi- täten zu fördern, kann und wird es ganz ohne Bedingungen also nicht gehen. Ins gleiche Horn blies auch Lagarde, als sie be- merkte, dass es momentan nachrangig sein sollte, wie hoch der kollektive Schulden- stand ausfällt, was zählt ist, wofür die Schul- den ausgegeben werden! Gelingt es, die Un- terstützung der Mitgliedsländer auf beiden Seiten des Meinungsspektrums zu gewin- nen, dann wäre dies ein Wendepunkt für den Block, in dem die Aufteilung der finan- ziellen Belastung seit langem eine tiefere In- tegration behindert. Die Staatsschulden steigen durch die Krise stark an Das Verhältnis der Schulden zum Bruttoinlandsprodukt des Euroraumes wird Prognosen zufolge dieses Jahr bei durchschnittlich 102,5 Prozent liegen! Quelle: Europäische Kommission BRENNPUNKT . EU-Wiederaufbaufonds Master of the Universe? Die anhaltenden geldpolitischen Im- pulse zur Stützung der Eurozone set- zen die EZB auch von rechtlicher Seite immer mehr unter Druck. Auch im Mai verteidigte der oberste deutsche Gerichtshof in Karlsruhe sein rich- tungsweisendes Urteil gegenüber dem umstrittenen Anleihekaufprogramm aus Frankfurt. Die EZB sei nicht der „Meister des Universums“ und als In- stitution mit geringer demokratischer Legitimation nur akzeptabel, wenn sie sich strikt an die ihr übertragenen Verantwortlichkeiten halte. Die deut- sche Aufforderung, die Anleihekäufe ordnungsgemäß zu begründen, führt jedoch zu Unstimmigkeiten an anderer Stelle, da sie die Entscheidung des EU- Gerichtshofs aus 2018 in Frage stellt, die die Rechtmäßigkeit des Quantita- tive Easing (QE) bestätigte. Dies eröff- nete nun eine Kluft zwischen natio- nalen Gerichten und dem EU-Tribunal, das sogar zur Folge haben könnte, dass Deutschland jetzt verklagt wird.

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