GELD-Magazin, April 2020

dem Krieg gegen Japan 1894/95 verlor das damalige „Reich der Qing“ laut China-Ex- pertin Univ.-Prof. Susanne Weigelin- Schwiedrzik seine beanspruchte zentrale Position in Ostasien und in der Welt. Eine kollektive Demütigung für dieses selbstbe- wusste Volk. Seitdem haben die chine- sischen Eliten auf vielfältige Weise versucht, Chinas Anerkennung als Weltmacht wieder- zuerlangen. In diesem Sinne hat sich die 1912 gegründete Republik China in die bei- den Weltkriege eingebracht und das China Maos eine herausragende Position in der in- ternationalen kommunistischen Weltbewe- gung angestrebt. In den vergangenen vier Jahrzehnten hat sich das Land im Zuge der Politik von Reform und Öffnung Schritt für Schritt in die Weltwirtschaft integriert. Mit erheblichen Auswirkungen auf den gesamt- en Globus. Der „chinesische Traum“ Über Generationen hinweg wurde der We- sten vom „american dream“ geprägt. Dieser könnte jetzt allerdings zunehmend vom „Chinesischen Traum“ abgelöst werden: Ein Begriff, der von Chinas Staatspräsident Xi Jinping geprägt wurde und eine „große Wiederbelebung der chinesischen Nation“ sowie den Aufbau eines „modernen sozialis- tischen Landes, das reich, stark, demokra- tisch, zivilisiert und harmonisch ist“, vor- sieht. Somit könnte man meinen, dass der „chinese dream“ ein nationales Projekt ist, dass auf China begrenzt bleibt. Es spre- Politik: Überholspur China ist zweifellos ein politisches Schwergewicht auf der internationa- len Bühne. Das ergibt sich bereits aus seiner formalen Position: Als ständiges Mitglied des UNO-Sicherheitsrates ist das Land in die internationale Politik maßgeblich eingebunden. Kein grö- ßerer globaler Problembereich – ob in außenwirtschafts-, sicherheits-, be- völkerungs- oder umweltpolitischen Fragen – kann ohne Zustimmung oder Mitarbeit der chinesischen Führung Erfolg versprechend bearbeitet wer- den. Weiters ist China als drittgrößte Nuklearmacht der Welt und als einer der führenden Waffenexporteure in der globalen und regionalen Rüstungs- kontrolle unverzichtbar, beleuchtet eine Studie der Uni Trier unter ande- rem den sicherheitspolitischen Aspekt. Verstärkte Einflussnahme Auch wirtschaftlich gesehen ist China auf dem Vormarsch und knüpft das überaus geschickt in seine außenpo- litischen Beziehungen ein. Zu nennen ist hier vor allem das Projekt „Neue Seidenstraße“ (offiziell: „Belt and Road Initiative“). Dieses bündelt seit 2013 die Interessen und Ziele Chinas zum Neu- und Ausbau interkontinentaler Handels- sowie Infrastruktur-Netze zwischen der Volksrepublik und in Summe 67 weiteren Ländern Afri- kas, Asiens und Europas. Die Initiative bzw. das Gesamtprojekt betrifft laut Wirtschaftskammer Österreich rund 62 Prozent der Weltbevölkerung und cirka 35 Prozent der Weltwirtschaft. Schätzungen gehen davon aus, dass in die „Neue Seidenstraße“ minde- stens 900 Milliarden Dollar investiert werden sollen. Das wäre natürlich eine willkommene Finanzspritze für die vom Coronavirus schwer gebeutelte Weltwirtschaft. Allerdings befürchten Kritiker, dass China mit dem Mega- projekt die Weltordnung weiter zu seinen Zwecken beeinflussen will. „Der Chinesische Traum spiegelt die Sehnsucht des chinesischen Volkes nach Glück und steht in inhaltlicher Verbindung mit den Träumen der anderen Völker der Welt.“ Xi Jinping, Staatspräsident Chinas Größte Volkswirtschaften Das Reich der Mitte hat die Wirtschaftslei- stung von Japan oder Deutschland bereits locker in den Schatten gestellt. Jetzt fehlen nur noch die USA. Quelle: Statista 2020 2018 – BIP in Milliarden US-Dollar USA 20.580 Großbritannien China Japan Deutschland 4.972 3.951 2.829 China Henry Kissinger. Verlag: Bertelsmann. 606 Seiten. ISBN: 978-3-570-10056-1 13.368 April 2020 – GELD-MAGAZIN . 17

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