GELD-Magazin, Dezember 2019 / Jänner 2020

FINANZBLASEN ERKENNEN. Diese Geschichte ist den meisten Anlegern bekannt, aber nichtsdestotrotz immer wieder lesenswert: Im 17. Jahrhundert nahm in den Niederlanden der „Tulpenwahn“ unglaubliche Dimensionen an. Die Blumen entwickelten sich zum Status- symbol der aufsteigenden Oberschicht und der Terminhandel mit Tulpenzwiebeln machte aus Familienvätern schnell ruchlose Zocker, die Haus und Hof riskierten. Tulpenzwiebeln wurden mit Gold aufgewogen, bis die Blase 1637 platzte. Von solchen Lehrstücken wartet der Autor und Professor für Volkswirtschafts- lehre Torsten Dennin in vorliegendem Werk einige auf. Etwa den Terminmarkt für Reis im Japan des 18. Jahrhunderts oder den großen Goldrausch in den USA: Alleine 1849 ström- ten 100.000 Abenteurer auf der Suche nach schnellem Reichtum nach Kalifornien. Wobei der Wert der Goldproduktion letztlich den ge- samten amerikanischen Bundeshaushalt über- stieg! Und heute? 2017 explodierte der Preis für Bitcoins von 1000 auf über 20.000 Dollar, um infolge wieder kräftig abzusacken (minus 80 Prozent im Jahr 2018). Das unglaubliche Auf und Ab brachte der Kryptowährung das Image der größten Finanzblase aller Zeiten ein, wobei der Autor die Situation etwas differen- zierter sieht. Er schreibt: „Trotz des Booms und der Krise (des Bitcoin, Anm.) sieht die Zukunft viel versprechend aus, denn die zugrunde liegende Blockchain-Technologie beginnt ge- rade erst, unseren Alltag zu revolutionieren.“ Dennoch mahnt er zur Vorsicht: Um das wahre Potenzial von Kryptowährungen abschätzen zu können, sei ein weiteres Jahrzehnt nötig. EWIGER MYTHOS. Gold lässt die Augen von Anlegern und Schmuckliebhabern/innen gleichermaßen glänzen: Und das bereits seit Jahrtausenden. Einen kompakten Abriss der „Weltgeschichte“ des begehrten Edelmetalls bietet Bernd-Stefan Grewe in diesem Werk. Hier erfahren wir, dass Gold neben Kupfer und Bronze eines der ersten Metalle war, das Menschen gewinnen und verarbeiten konnten. Aufgrund seiner Seltenheit und Schönheit erreichte Gold schnell Kultstatus: So wurde im Gräberfeld von Varna (Bulgarien) beispiels- weise das Grab eines Mannes aus dem fünften Jahrtausend vor Christus geborgen, in dem sich fast tausend Goldobjekte mit einem Gesamtgewicht von mehr als 1,5 kg. fanden. Darunter ein Zepter und, man höre und stau- ne, ein goldener Penisaufsatz. Das Edelme- tall wurde in jüngeren Tagen aber auch zum Spekulationsobjekt, ein Beispiel: Am Montag, 21. Jänner 1980, schnellte der Preis für eine Feinunze auf 850 Dollar hoch, nur um bis zum folgenden Freitag wieder auf 663 Dollar zu fallen. Noch neun Jahre zuvor hatte sich das Niveau nur in kleinen Spannen zwischen 35 und 40 Dollar bewegt. Man sieht also, dass Gold auch durchaus erheblichen Preisschwan- kungen unterworfen ist. Einflussfaktoren sind politische Ereignisse, Wirtschaftskrisen, Kriege und natürlich auch spekulative Gelüste. Dass Gold wertbeständig ist, kann allerdings nicht als Mythos abgetan werden. Dieser Charakter- zug kommt zum Vorschein, wenn man seinen Wert über Jahrhunderte hinweg betrachtet, der eine annähernd gleich bleibende Kaufkraft zeigt. Gold ist und bleibt somit ein Evergreen. JAHR DER ENTSCHEIDUNG. 2020 wird ein neuer (alter?) US-Präsident gewählt, wer das Rennen macht, kann natürlich auch das vorliegende Buch nicht verraten. Auch wenn es bereits Ende 2018 erschienen ist, bleibt es aber schon alleine deshalb lesens- wert, weil es von Journalisten-Legende Bob Woodward verfasst worden ist. Mit der Aufde- ckung des Watergate-Skandals (gemeinsam mit Carl Bernstein) lehrte er einst Richard Nixon das Fürchten, heute ist Woodward mit Blick auf das Weiße Haus selbst etwas mul- mig zumute. Als investigativer Journalist hat er Hunderte Stunden dafür verwendet, politische Insider und Beobachter zu interviewen (Trump stand übrigens nicht für ein Gespräch für das Buch zur Verfügung). Das Ergebnis zeichnet das Bild eines US-Präsidenten, der von einem volatilen Charakter, Obsessionen und durch- aus auch Komplexen gekennzeichnet ist. Zu lesen ist etwa von eskalierenden Debatten im Oval Office oder der Air Force One (Nebenbei: Für die journalistische Genauigkeit des Buches spricht, dass knapp 40 Seiten für Quellenan- gaben verwendet werden). Das Fazit Wood- wards lautet, dass im Weißen Haus, also der Machtzentrale der westlichen Welt, vor allem eines herrsche: Furcht. Bezeichnend ist in die- sem Zusammenhang folgendes Zitat Trumps, das er als Präsidentschaftsbewerber tätigte: „Wirkliche Macht ist – ich möchte dieses Wort eigentlich gar nicht benutzen – Furcht.“ Mehr über das US-Wahljahr 2020 und die Siegeschancen Donald Trumps finden interessierte Leser übrigens in diesem GELD-Magazin ab Seite 12. GOLD. EINEWELTGESCHICHTE Bernd-Stefan Grewe.Verlag: C.H. Beck 128 Seiten. ISBN: 978-3-406-73212-6 VON TULPEN ZU BITCOINS Torsten Dennin Verlag: FBV. 344 Seiten. ISBN: 978-3-95972-253-7 FURCHT.TRUMP IMWEISSEN HAUS BobWoodward.Verlag: Rowohlt. 525 Seiten. ISBN: 978-3-498-07408-1 BUCHTIPPS | Neuerscheinungen & Pflichtlektüre CREDITS: beigestellt 82 | GELD-MAGAZIN – JÄNNER 2020

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