GELD-Magazin, Oktober 2019

W ie viele österreichische An- leger werfen tätsächlich ei- nen Blick nach Japan? Denn wenn schon Asien, dann China. Und wenn schon hoch entwickelte In- dustrienationen, dann die USA oder aus Europa. Aber woher rührt die ausge- prägte Japan-Skepsis? Immerhin han- delt es sich um die drittgrößte Volkswirt- schaft der Welt mit etablierten Marken- konzernen und hohen technologischen Standards. Hinterlässt das „vergessene“ Japan nicht eine schwer zu schließende Lücke in einem diversifizierten Portfolio? ZWIESPÄLTIGER RUF Das GELD-Magazin hat sich unter Japan-Experten zu diesen Fragen um- gehört. So meint Richard Kaye, Fonds- manager des sehr erfolgreichen Comgest Growth Japan: „Der japanische Aktien- markt zeichnet sich durch eine hohe An- zahl an hochwertigen Exporteuren aus, die unter dem sich abschwächenden glo- balen Handel sowie dem relativ festen Yen leiden. Das Gewinnwachstum für das laufende Jahr ist von plus fünf auf minus 4,5 Prozent revidiert worden. Die- se Entwicklung gefällt den Anlegern nicht.“ Aber die Aversion hat auch Ursa- chen, die um einiges weiter in der Ver- gangenheit zurückliegen. „In den Jahren der wirtschaftlichen Stagnation, die auf das Platzen der Vermögenspreisblase des Landes Anfang der 1990er-Jahre folgten, entwickelten japanische Aktien einen Ruf als Value-Anlagen mit wenig Poten- zial“, erklärt der Experte. Peter Szopo, Aktienstratege bei der Erste Asset Ma- nagement, knüpft an: „Dass heimische Privatanleger sich weniger mit Japan be- schäftigen, dürfte mehrere Gründe ha- ben: Generell sind die Unternehmen we- niger transparent als etwa US-ameri- kanische Gesellschaften; es gibt auch weniger japanische globale Consumer- Brands außerhalb der Auto- und Elek- tronikindustrie. Weiters hat das Land den Ruf, wenig zu wachsen, was auch stimmt, aber für den starken Exportsek- tor nicht unbedingt ein Problem ist.“ „AUFREGENDE AUSSICHTEN“ Soviel zunächst zum verbesserungs- würdigen Image der „Japan AG“, aber was macht die Attraktivität des Landes der aufgehenden Sonne aus? Dazu meint Scott McGlashan, Manager des JOHCM (JO Hambro Capital Management) Japan Fund: „Betrachtet man den japanischen Markt von unten nach oben, so gibt es viele Gründe, sich über japanische Ak- tien zu freuen. Nicht zuletzt über die Tat- sache, dass sie im Vergleich zu anderen entwickelten Märkten bemerkenswert günstig sind.“ Vor allem im Hinblick auf den US-Markt schneiden japanische Ak- tien tatsächlich gut ab, mit einem KGV- Abschlag von mehr als 20 Prozent und einem Discount beim Kurs-Buchwert- Verhältnis von über 30 Prozent. McGlas- han fährt weiter fort: „Und während es allgemeine Ansicht ist, dass Wachstum nur in sehr wenigen japanischen Sek- toren wie Kosmetika, Pharmazeutika und IT zu finden ist, gibt es viele Unter- nehmen in anderen Branchen, die eben- so attraktive Wachstumsraten bieten und mit viel niedrigeren Bewertungen handeln. Wir finden eine Reihe von un- terbewerteten inländischen Unterneh- men, die weitgehend unempfindlich ge- MÄRKTE & FONDS | Anlagechancen in Japan 42 | GELD-MAGAZIN – OKTOBER 2019 Japan war die Investmentstory der 1980er-Jahre. Nach dem Platzen einer gehörigen Blase bei Aktien und Immobilien ist es allerdings um das Reich der aufgehenden Sonne zumindest in unseren Breiten still geworden. Ganz links sollte man das Land allerdings nicht liegen lassen, bildet es doch die drittgrößte Volkswirtschaft der Welt mit einigen interessanten Unternehmen im Talon. Harald Kolerus Zu Unrecht in Vergessenheit RANGLISTE DER GRÖSSTEN VOLKSWIRTSCHAFTEN JAPAN CHINA USA Platz 3 Platz 2 Platz 1 Bevölkerung (Mio.) 126,1 1384,6 329,2 Durchschnittliches Alter (Median in Jahren) 47,7 37,7 38,2 BIP/Kopf (US-Dollar) 42.900 16.700 59.800 BIP-Wachstum 2019 (%) 0,9 6,2 2,6 Öffentliche Verschuldung (% des BIP) 237,6 47,0 78,8 Arbeitslosenrate (%) 2,9 3,9 4,4 Quellen: CIAWorld Factbook, IMF In Japan herrschen niedrige Arbeitslosigkeit, aber auch bescheidenes Wachstum. CREDITS: beigestellt; MaksymYemelyanov/stock.adobe.com

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