GELD-Magazin, Oktober 2019

D ie Zeiten, in denen ethische In- vestments bestenfalls milde be- lächelt und als „Orchideenthe- ma“ abgekanzelt worden sind, gehören schon längst der Vergangenheit an. Heu- te werden am Finanzmarkt unter Schlag- worten wie SRI (Social Responsible In- vestments) oder ESG (Environment, So- cial, Governance) Billionen-Summen be- wegt, das belegen alle empirischen Un- tersuchungen: So sind etwa laut dem Forum Nachhaltige Geldanlagen (FNG) in den Ländern Schweiz, Deutschland und Österreich die verantwortungsvollen In- vestments 2018 auf stolze 2859 Milliar- den Euro angestiegen, ein Plus von im- merhin rund sechs Prozent gegenüber 2017. Ohne Frage hat Nachhaltigkeit den Finanzmarkt erfasst, international und in Österreich. Laut einer Studie von Union Investment berücksichtigt eine wachsende Zahl institutioneller Inves­ toren in Österreich Nachhaltigkeitskrite- rien bei der Kapitalanlage. Ihr Anteil stieg gegenüber dem Vorjahr um acht auf 76 Prozent. Und es geht hurtig weiter, nicht zuletzt, weil sich die EU beherzt des Themas angenommen hat. ZIEL: NACHHALTIGER FINANZMARKT Bereits im März 2018 wurde der EU- Aktionsplan vorgestellt, er hat kurz zu- sammengefasst das Ziel, den gesamten Finanzmarkt in Richtung Nachhaltigkeit umzubauen. Wichtige Punkte sind hier eine verbindliche Definition von Nach- haltigkeit (Taxonomie genannt, siehe Be- richt gleich unten), mehr Transparenz und einheitliche Gütesiegel. Konkrete Maßnahmen werden voraussichtlich be- reits im kommenden Jahr in die Tat um- gesetzt werden. Wobei sich laut FNG be- reits seit dem Erscheinen des Aktions- plans der Markt für verantwortliche In- vestments bzw. Nachhaltige Geldanla- gen durch eine bis dahin nicht gekannte Dynamik auszeichnet. Es ist also einiges in Bewegung ge- raten, klar ist dabei allerdings, dass ein noch stärker nachhaltig geprägter Fi- nanzmarkt ohne neue Regeln nicht funktionieren wird. An diesem Punkt stellt sich allerdings die Frage: Ist das vielleicht sogar zuviel des Guten? Die Finanzindustrie reagiert bekanntlich heikel auf Eingriffe, und wenn man sich CREDITS: beigestellt; Matthias/stock.adobe.com BRENNPUNKT | Nachhaltigkeit & Finanzmarkt 14 | GELD-MAGAZIN – OKTOBER 2019 Von einer Revolution zu sprechen, wäre zwar etwas übertrieben, aber die Finanzindustrie bewegt sich eindeu- tig in schnellen Schritten weiter in Richtung Nachhaltigkeit. Der Trend macht weder vor Fondsgesellschaften, Versicherungen und Pensionskassen, noch vor Privatinvestoren Halt. Neue Regulative der EU sollen für zusätzlichen Schub sorgen. Ist das vielleicht sogar zuviel des Guten? Harald Kolerus Es grünt so grün... „Alles in allem sehen wir den EU- Aktionsplan für einen nachhaltigen Finanzmarkt positiv.“ Robert Hassler, ISS-oekom NACHHALTIGE GELDANLAGEN IN DEUTSCHLAND BOOMEN Im entscheidenden Finanzmarkt Deutschland hat sich die Summe nachhaltiger Produkte im letzten Jahrzehnt weit mehr als verzehnfacht. *Nachhaltige Geldanlagen stehen für streng nach­ haltige Produkte. Verantwortliche Investments beziehen sich auf die Unternehmenausrichtung 2014 1.600 Quelle:ForumNachhaltigeGeldanlagen (FNG) Verantwortliche Investments (inkl.Nachhaltige Geldanlagen) 437 Nachhaltige Geldanlagen* 127,3 1.400 1.200 1.000 800 600 400 200 0 1.050 136,6 1.220 156,7 1.409 171,0 1.527 219,1 2015 2016 2017 2018 BOTSCHAFT AUS BRÜSSEL: NEUE REGELN Der EU-Aktionsplan (Commission action plan on financing sustainable growth) wurde im Vorjahr ins Leben gerufen und hat sich als hehres Ziel nichts weniger als die Schaf- fung eines nachhaltigen europäischen Finanzmarktes gesetzt. Ein Kernstück dabei ist die Definition der sogenannten Taxonomie, die Kriterien festgelegt, wann eine Wirtschafts­ tätigkeit als ökologisch nachhaltig gilt. Ein weiterer wichtiger Eckpfeiler betrifft die Trans- parenz, nämlich Offenlegungspflichten für Asset Manager, wie ihr ESG-Konzept aussieht und wie es in die Kundenberatung integriert wird. Außerdem ist geplant, dass Inves­ toren im Beratungsgespräch nach ihren Nachhaltigkeitspräferenzen befragt werden müssen. Bereits im Mai 2020 könnten diese Vorgaben konkret auf dem Tisch liegen.

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