GELD-Magazin, September 2019

E igentlich sollte der Name des Maturaprojekts an Annex A – die österreichische ADSL-Spezifika- tion – angelehnt sein, doch ein Tippfehler tat sein Übriges. Wenn Alexander Wind- bichler über sein 2006 gegründetes Un- ternehmen Anexia spricht, dann hat es fast den Anschein, als ob der Tippfehler auch schon der folgenschwerste Fehler des jungen Kärntners war. Zwischen schriftlicher und mündlicher Matura traf der damals 19-jährige den Entschluss, seine HTL-Diplomarbeit als Firma wei- terzuführen. Mit einem einfachen Gewer- beschein in der Tasche begann Wind- bichler noch während seiner Bundes- heerzeit neben anfänglichen Internetpro- viderdiensten, weitere Services wie Web- programmierarbeiten anzubieten. Mit dem übrig gebliebenen Geld aus der Soft- wareprogrammierung wurde die Server­ infrastruktur für das kapitalintensive Hosting-Geschäft finanziert und der Mit- arbeiterstock aufgebaut. Heute, 13 Jahre später, spielt Anexia ganz oben in der in- ternationalen Liga der Cloud Hoster mit. Nicht nur seine 220 Mitarbeiter an über 90 Standorten, sondern auch tausende Kunden – darunter Namen wie Netflix, Lufthansa, BMW, Airbnb oder Rewe – vertrauen auf das unternehmerische Ge- spür des Autodidakten. Gründen mit gerade einmal 19 Jahren, was hast du dir dabei gedacht? ALEXANDER WINDBICHLER: Die Firma war anfangs eigentlich nur Mittel zum Zweck, um das zu machen, was ich machen wollte. Wenn ich vergleiche, worüber sich meine Kunden heute Gedanken machen, dann bin ich sicherlich mit einer gewissen Blau­ äugigkeit an die Sache herangegangen. Wir hatten keine Buchhaltung, keine Prozesse, keinen Finanzplan… gar nichts. Trotzdem hast du es geschafft, das nötige Kundenvertrauen aufzubauen? Wir haben schnell realisiert, dass Trust das wichtigste Verkaufsargument in unserer Branche ist und haben deshalb auch recht zügig eine GmbH gegründet. Damit wa­ ren wir in der Lage, unseren Kunden einige Konzepte zu verkaufen, um damit teilweise Equipment vorzufinanzieren. Das funktio­ nierte ausgesprochen gut, aber du findest dich auch schnell in Bereichen wieder, wo du denkst: Wenn das jetzt in die Hose geht, dann ist alles vorbei. Mit diesem Gedanken im Hinterkopf haben wir aber auch niemals etwas versprochen, das wir nicht umsetzen konnten, und immer geliefert. Ihr habt eure Finanzierung also von Beginn an selbst gestemmt? Ja, wir hatten nie Investoren. Später hatten wir dann den Vorteil, dass die kritische In­ frastruktur bereits stand und unsere Kunden kontinuierlich zahlen. Ab da haben wir auch kein großes Auftragsrisiko mehr gehabt. Ne­ ben Betriebsmittelkrediten der Bank läuft unsere Finanzierung bis heute ähnlich: wir finanzieren uns durch unsere Einnahmen und Anzahlungen Monat für Monat vor. Hast du nie daran gedacht, Geld von draußen reinzuholen? Nein! Bis heute würde es mich nervös ma­ chen, wenn ich weiß, ich habe eine Million Euro, mach etwas daraus. Wenn die Million weg ist, ist aber dann Ende. Ich bin davon überzeugt, dass wenn du einen Investor an Bord hast und alles mit Geld anstelle von Intelligenz umsetzt, dann fängst du an, un­ vorsichtige Entscheidungen zu treffen. Wir haben unsere Aufträge immer mit Kreativität gelöst, das ist heute unser großer Vorteil ge­ genüber der Konkurrenz. Ist das organische Wachstum also euer Erfolgsrezept? Auch da muss man vorsichtig sein. Wir haben es geschafft, dass die Aufträge im­ mer zu unserer Größe gepasst haben. Wir sind daher zwar rasch, aber auch gesund gewachsen. Auf der anderen Seite haben wir so auch recht früh gelernt, uns nicht von einzelnen Kunden abhängig zu ma­ chen. Besonders in der Frühphase hatten wir teilweise recht toughe Kunden, die uns unter Druck setzen wollten. Wenn du ein­ mal spürst, „wenn der nicht bezahlt, dann kann ich die Löhne meiner Mitarbeiter nicht zahlen“, dann bist du gleich von Beginn an anders aufgestellt. Also organisches Wachstum plus aus­ gewogenes Kundenportfolio? Ganz genau! Wenn wir bemerkten, dass wir uns mit einem Auftag übernehmen könnten, haben wir auch einmal abgelehnt. Da wir aber sehr stark fremdgetrieben mit unseren Kunden gewachsen sind, reduzierte sich dieses Risiko im Laufe der Zeit. Nichtsdesto­ trotz halten wir auch heute noch unsere KMU-Basis, die einerseits uns treu ist und der auch wir treu bleiben, weil wir wissen, wie wichtig diese Unternehmen für uns sind. Das starke Wachstum war also nicht immer ganz gewollt gewesen? WIRTSCHAFT & UNTERNEHMEN | Alexander Windbichler, Anexia Das Klagenfurter Unternehmen Anexia hat es geschafft, im Bereich Cloud Hosting Internetriesen wie Google, Microsoft und Amazon die Stirn zu bieten. Durch Kundennähe, höchste Sicherheit und individuelle Digitalisie- rungslösungen genießt Anexia das Vertrauen vieler namhafter Unternehmen. Fraglich, ob sie wissen, dass die Firmenidee eigentlich einem Maturaprojekt entsprang. Moritz Schuh Cloud Power aus Kärnten 22 | GELD-MAGAZIN – September 2019

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