GELD-Magazin, Mai 2019

ten Schulden aber nur langsam umset- zen ließen. Die OECD empfiehlt daher: Ausgabenreform, Ressourcenallokation und Stopp der geplanten Pensionsre- form, um so graduell einen Budgetüber- schuss zu erreichen. In die Krise gespart? Trotz der lauten Kritik stößt man mit den Sparplänen in Rom jedoch auf taube Ohren. Angesprochen auf die Vorschläge der OECD, antwortete Fünf-Sterne-Vor- sitzender und Vize-Regierungschef Luigi Di Maio: „Wer an seinem Schreibtisch tausende Kilometer entfernt glaubt, dass Sparpolitik Italien den Neustart ermög- lichen wird, der soll erst einmal vor sei- ner eigenen Türe kehren ... Keine Einmi- schung, danke, wir wissen was wir tun!“ Ganz so falsch dürfte Di Maio damit auch nicht liegen. Wie zwei kürzlich ver- öffentlichte Studien des Institut for Inter- national Finance (IIF) und Oxford Eco- nomics belegen, erwies sich die seit der Krise europaweit verfolgte Sparpolitik nachträglich gesehen als großer Fehler. Makro-Daten zeigen, dass die seit 2008 ergriffenen Austeritätsmaßnahmen und damit ausgebliebenen fiskalpolitischen Impulse das potenzielle Wachstum der europäischen Wirtschaft erheblich be- hindert haben. Die Furcht vor der Schul- denkrise zwang die Euro-Staaten, die durch den Maastricht-Vertrag vorgege- benen Defizitlimits strikt einzuhalten und reduzierte den Geldumlauf und da- mit ökonomisches Wachstum in der Grö- ße der Wirtschaft Spaniens. Das Schul- denproblem wurde durch die verhinder- te Wirtschaftsaktivität und die ausblei- benden Einnahmen auch nicht gelöst. Festgefahrene Verhandlungen Italiens missliche Lage stellt den Euro nun wieder auf die Probe und of- fenbart neuerlich die vielfach ignorierten Architekturschwächen der gemeinsamen Währung. Denn Italien ist nicht Grie- chenland und eine italienische Schul- denkrise könnte den Euro tatsächlich zu Fall bringen. Knapp 35 Prozent der 2364 Milliarden Euro italienischer Schulden werden von ausländischen Investoren gehalten. Alleine französische und deut- sche Banken haben italienische Staats- anleihen in Höhe von mehr als 500 Mil­ liarden Euro in ihren Büchern stehen – ein gigantisches Risiko für den europäi­ schen Finanzsektor. Italien ist „too big to fail“ und die italienische Regierung weiß das. Je mehr Druck die EU-Kom- mission ausübt, desto stärker werden die europa-kritischen Kräfte innerhalb Ita- liens. Gibt die EU-Kommission jedoch klein bei, verliert sie ihre Glaubwürdig- keit als Hüterin des gemeinsamen Stabi- litäts- und Wachstumspaktes. Das Re- sultat ist ein politischer und wirtschaft- licher Stillstand, der die Verhandlungen mit Italien immer wieder an den Start zurückführt und die ökonomische Lage gleichzeitig laufend verschlechtert. Da aber mit einem Ende des Kräftemessens nicht so bald zu rechnen ist, bleibt wie so oft in der Vergangenheit nur die EZB als „Lender of Last Resort“, um die Lage bis zum nächsten Showdown zu beruhi- gen. Mit der Wiederbelebung ihres Anlei- heankaufprogramms bereitet man sich wohl unliebsam auf den Höhepunkt des Dramas vor. „Schwer kämpft der Wille wider bess’ren Willen“, um es mit Dante Alighieri’s Worten zu sagen. mai 2019 – GELD-MAGAZIN | 13 „Italiens langfristige Herausforderung sind die niedrige Produktivität und die hohe strukturelle Arbeitslosigkeit.“ Poul Thomsen, IWF „Angesichts der italienischen Ver- schuldung muss man sich jetzt auf Wachs- tumsmaßnahmen konzentrieren.“ Jean-Claude Juncker, EU-Kommissions­ präsident Nach 13-jährigen Sanierungsmaßnahmen wurde der Schiefe Turm von Pisa wieder um 44 Zentimeter aufgerichtet. Ob eine Sanie- rung der italienischen Schulden gelingen wird, um einen Default zu verhindern, ist fraglich. Italien | brennpunkt

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