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9. Juli 2021

ESG in der Krise?

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Detlef Glow Head of Lipper EMEA Research, Refinitiv, LSEG

Der Markt für Anlageprodukte, die Umwelt-, Sozialkriterien und eine nachhaltige Unternehmensführung (ESG) bei der Auswahl der Titel, in die sie investieren, berücksichtigen, boomt derzeit überall auf der Welt.

Gleichzeitig sind sich Anbieter und Investoren nicht darüber einig, was diese Kriterien genau ausmacht und in welchem Umfang sie berücksichtigt werden sollten. Viele Anleger und Produktanbieter hatten gehofft, dass die EU-Taxonomie ihnen eine klare Definition für nachhaltige Anlagen liefern wird. Dies ist aber nicht der Fall und so haben Fondsanbieter immer noch die Möglichkeit, die Anleger mit geschickten Formulierungen in ihren Fondsunterlagen, dem sogenannten „Greenwashing“, hinsichtlich der nachhaltigen Ausrichtung der Fonds zu täuschen.

Greenwashing

Auch die Einordnung der Fonds nach Artikel 6, 8 und 9 der Sustainable Finance Disclosure Regulation (SFDR) schafft hier nur bedingt Abhilfe, da auch die hier verwendeten Beschreibungen eher vage sind. Dies zeigt sich auch darin, dass noch längst nicht alle Anbieter ihre Fonds den entsprechenden Artikeln zugeordnet haben. Um möglichen Sanktionen durch die Marktaufseher zu entgehen, haben viele Anbieter aufgrund der fehlenden Definitionen und Vorgaben ihre Fonds in einem ersten Schritt pauschal dem Artikel 6 zugeordnet, obwohl sie bei der Titelauswahl ESG-Kriterien berücksichtigen. Ebenso haben einige Anbieter die Einordnung ihrer Fonds in den letzten Monaten verändert, obwohl sich die Zuordnungskriterien nicht verändert haben. Auch wenn die SFDR ein guter Ansatz ist, um Greenwashing zu reduzieren, wird es sich durch die derzeitigen Vorschriften nicht ganz vermeiden lassen.

Dies wurde auch von lokalen Regulatoren, wie zum Beispiel der deutschen BaFin (Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht) entdeckt. Als Folge arbeiten diese Regulatoren an lokalen Verschärfungen der Offenlegungspflichten, was aber die Verunsicherung der Anbieter und Anleger in Bezug auf die Einordnung der Produkte noch vergrößert. Zudem könnten lokale Alleingänge zu einem Standortnachteil führen, denn diese Regulierungen betreffen nur Produkte, die in dem jeweiligen Land aufgelegt wur

Dies wurde auch von lokalen Regulatoren, wie zum Beispiel der deutschen BaFin (Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht) entdeckt. Als Folge arbeiten diese Regulatoren an lokalen Verschärfungen der Offenlegungspflichten, was aber die Verunsicherung der Anbieter und Anleger in Bezug auf die Einordnung der Produkte noch vergrößert. Zudem könnten lokale Alleingänge zu einem Standortnachteil führen, denn diese Regulierungen betreffen nur Produkte, die in dem jeweiligen Land aufgelegt wurden und nicht alle Fonds, die in dem entsprechenden Land zum Vertrieb zugelassen sind.

Eindeutige Definitionen fehlen

Somit steckt zwar nicht die Fondsindustrie in einer Krise, aber die Begrifflichkeiten rund um das nachhaltige Investieren, was zu einer Verunsicherung der Investoren und Produktanbieter führt. Hier sind der Gesetzgeber und die europäische Marktaufsicht gefordert, um endlich eindeutige Definitionen und Vorschriften für nachhaltige Investmentprodukte in Europa zu schaffen. Dies würde nicht nur der Verunsicherung auf-seiten der Investoren entgegenwirken, sondern gleichzeitig auch eine verlässliche Grundlage für die Produktanbieter schaffen. Da solche Prozesse in der EU aber in der Regel sehr lange dauern und von Lobbygruppen verwässert werden, wird eine umfassende Verbesserung der Regulierung wohl noch länger auf sich warten lassen.

Für den Inhalt der Kolumne ist allein der Verfasser verantwortlich. Der Inhalt gibt ausschließlich die Meinung des Autors wieder, nicht die von Refinitv.

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Detlef Glow Head of Lipper EMEA Research, Refinitiv, LSEG

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