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3. August 2021

China: Erhebliche Kursverluste

Zwei Ereignisse haben die Märkte Ende Juli geprägt: der erhebliche Kursverlust einiger chinesischer Aktien und die Sitzung des geldpolitischen Ausschusses der USA. Nur auf den ersten Blick besteht zwischen diesen beiden Ereignissen kein Zusammenhang.

Olivier de Berranger, CIO bei LFDE
Olivier de Berranger, CIO bei LFDE

„Tatsächlich haben sie jedoch eines gemeinsam: Das politische Ziel eines stärkeren sozialen und nationalen Zusammenhalts hat Vorrang vor der rein ökonomischen Orthodoxie“, so Olivier de Berranger, CIO bei LFDE.

Politische Einschränkungen

In China sind die Kursverluste nämlich zum Teil das Ergebnis politischer Maßnahmen, die die Gewinne von Unternehmen eindämmen sollen, die außerstaatliche Ausbildungsmöglichkeiten anbieten. Die hohen Kosten dieser privaten Bildungsangebote sind für die Mittelschicht ein Hindernis, wenngleich die Schulbildung des Landes dadurch verbessert werden könnte.

Für Xi Jinping ist es aus politischer Sicht besser, eine zusätzliche Verstärkung der Ungleichheiten zu vermeiden, auch wenn dadurch vielleicht die Leistung eines Teils der Bevölkerung reduziert wird. Überdies ist es sinnvoller, in einem Land mit einer niedrigen Geburtenrate die Kosten für Bildung zu begrenzen, auch wenn dies bedeutet, auf die wirtschaftlichen Gewinne der Unternehmen aus dem Bildungssektor zu verzichten – die jedoch zu Chinas hohem Ansehen in der Welt hätten beitragen können. Wenn der private Bildungssektor also eingeschränkt wird, welche anderen Sektoren könnten künftig das gleiche Schicksal erleiden?

Aktien geben nach

Man denke insbesondere an die Gesundheitsversorgung, die trotz der Versprechen einer kommunistischen Gesellschaft sehr teuer und sozial äußerst diskriminierend ist. Konsequenterweise gaben die Aktien des Gesundheitssektors allesamt nach, da sie implizit von der gleichen Art der Gängelung bedroht sind.

Ein weiterer Grund für den Rückgang des chinesischen Marktes ist die Einschränkung der Möglichkeiten für chinesische Unternehmen, über „ADR“ (American Depositary Receipts) an der US-Börse gehandelt zu werden. Hier steht der politische Wille, den amerikanischen Rechnungslegungsvorschriften zu entgehen, dem Bestreben gegenüber, einen breiteren Zugang zu ausländischem Kapital zu erhalten.

US-Inflation nicht vorübergehend?

De Berranger: „Was hat das mit der Sitzung der US-Notenbank am 28. Juli zu tun? Auf den ersten Blick nichts. Der Fed-Vorsitzende räumte jedoch ein, dass die hohe US-Inflation sich als weniger vorübergehend erweisen könnte als erwartet. Unter diesem Gesichtspunkt wäre eine weitaus weniger akkommodierende Geldpolitik als derzeit der Fall angezeigt. Jerome Powell deutete jedoch auch an, dass das Ziel, die Arbeitslosenrate der am stärksten benachteiligten Gruppen zu senken, aktuell Vorrang vor fast allen anderen Überlegungen hat und daher eine sehr expansive Geldpolitik rechtfertigt.

Auch hier hat der soziale Zusammenhalt Vorrang vor der ökonomischen Orthodoxie im engeren Sinn. Das Anliegen ist umso drängender, als die Fed beschuldigt wird, die Vermögensungleichheit drastisch verstärkt zu haben: Sie soll die Preise von Risikoanlagen, also das Vermögen der Wohlhabendsten, in die Höhe getrieben und damit populistische Bewegungen begünstigt haben.“

LFDE/HK


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