Buchtipp: „Ungleiche Brüder. Russen und Ukrainer“
Andreas Kappeler: Die Geschichte zweier „Brüdervölker“ vom Mittelalter bis zur Gegenwart.
Der Ukraine-Krieg hält die Welt in Atem. Weil sich die Ereignisse überschlagen, fehlt es natürlich noch an umfassenden Arbeiten, die sich mit den aktuellen Ereignissen in Buchform befassen. Es lohnt sich aber ein Blick in die weiter zurückliegende Geschichte der beiden Konfliktparteien, den das vorliegende Werk profund bietet. Hier wird aufgegriffen, dass sich Russen und Ukrainer seit Jahrhunderten als Geschwister-Völker bezeichnen, wobei sich die Russen in der Rolle des großen Bruders sehen.
„Ungleiche Brüder“ des Historikers und Osteuropa-Spezialisten Andreas Kappeler erschien in seiner ersten Auflage 2017 und lässt unter anderem die Eroberung der Krim und der Gebiete im Südosten der Ukraine 2014 revue passieren. Das Buch trägt aber auch zum besseren Verständnis des aktuellen Kriegs bei, weil es eben historische Hintergründe der wechselhaften Beziehungen zwischen der Ukraine und Russland beleuchtet. Das beginnt bei der Kiewer Rus´ im Mittelalter, reicht bis zur Eingliederung des ukrainischen Territoriums in die Sowjetunion und zur Unabhängigkeit des Landes im Zuge des Zerfalls des kommunistischen Imperiums.
Kappeler schreibt: „Seit dem 18. Jahrhundert zeigte sich im Verhältnis dieser eng miteinander verbundenen Völker (Russen und Ukrainer) zunehmend eine Asymmetrie. Sie gipfelte darin, dass Russland im 19. Jahrhundert die Kleinrussen, wie die Ukrainer damals offiziell hießen, nicht als eigenständige Nation mit einer von Russland getrennten Geschichte anerkannte. Diese Sicht hat sich in Russland bis heute erhalten und ist auch im Westen verbreitet.“ Und es ist wohl auch dieser Blickwinkel, der Putin zum Überfall der Ukraine veranlasste. Mit dem Effekt, dass sich spätestens jetzt die Ukraine als Nation verfestigt.
Andreas Kappeler
Ungleiche Brüder. Russen und Ukrainer. Vom Mittelalter bis zur Gegenwart
267 Seiten
Paperback
ISBN: 978-3-406-79006-5
16,95 Euro