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21. Januar 2022

Atomkraft: Zu „billige“ Lösung

Harald Kolerus 2-e1666618640728
Mag. Harald Kolerus GELD-Magazin / Redakteur

Für die Mehrheit in Österreich ist Kernenergie ein No-Go. Das ändert nichts daran, dass Atomkraft jetzt auf EU-Ebene „grün angestrichen“ wird und eine kräftige Renaissance erleben dürfte. Der falsche Weg?

Unsere Welt giert nach Energie: Im Vergleich zum Niveau vor Ausbruch der Pandemie 2019 könnte der Bedarf bis 2030 laut Internationaler Energieagentur um rund zehn Prozent steigen. Konservativen Prognosen zufolge klettert der globale Verbrauch bis 2050 um insgesamt rund 40 Prozent.

Dein Freund das Atom

Gleichzeitig ist das Bewusstsein gestiegen, dass der Klimawandel die menschliche Existenzgrundlage massiv gefährdet. Wäre es deshalb nicht naheliegend, den aufgrund seiner CO2-Bilanz angeblich sauberen Atomstrom zu forcieren? Dieser Vorstoß ist bei der EU-Kommission angelangt, wonach Nuklearenergie als nachhaltig eingestuft werden soll. Damit locken Förderungen; das Image von AKWs würde außerdem einen „grünen Anstrich“ erhalten und sich verbessern.

Wobei wissenswert ist, dass unser globales Energiesystem nicht auf Gedeih und Verderb von Atomkraft abhängt, denn sie deckt heute nur knapp fünf Prozent des weltweiten Energiebedarfs. Ob dieser Anteil nun steigt oder fällt, ist eine politische Entscheidung. 

Verbrauch bremsen

Walter Hatak, Leiter ESG-Fonds Erste Asset Management
Walter Hatak, Leiter ESG-Fonds Erste Asset Management (Photo by Klaus Ranger Fotografie)

Kernenergie sollte also nicht der Königsweg sein, dem können Umweltexperten nur beipflichten: „Ja, es ist selbstverständlich möglich, auf Atomkraft zu verzichten. Wichtig ist aber, nicht nur die Energiequelle zu wechseln, sondern auch bei der Nachfrage anzusetzen“, heißt es in einem Statement des WWF. Ähnlich äußert sich Jasmin Duregger, Klimaspezialistin bei Greenpeace Österreich: „Wichtig ist es, die Steigerung des Energiebedarfs zu stoppen, Energieeffizienz zu forcieren und Erneuerbare Quellen auszubauen. Gelder der EU sollten in diese Bereiche fließen, nicht in Atomkraft.“

Übrigens: So „sauber“ wie oft propagiert ist die CO2-Bilanz von AKWs laut Duregger nicht: „Sie emittieren im Laufe ihres Lebenszyklus indirekt CO2 und andere Treibhausgase: Zur Produktion von Atomstrom fallen vom Bau eines AKWs über den Betrieb bis zur Endlagerung des Atommülls Prozesse an, die ebenfalls Energie verbrauchen oder CO2 freisetzen. Weiters ist Atomkraft ohne staatliche Hilfe nicht überlebensfähig und bis ein AKW ans Netz geht, dauert das ein Jahrzehnt oder länger – was soll das im akuten Kampf gegen den Klimawandel bringen?“ 

Atomkraft, Wirtschaft und Investments

Walter Hatak, Leiter ESG-Fonds Erste Asset Management
Hector McNeil, Co-CEO des ETF-Anbieters HANetf

Walter Hatak, Leiter ESG-Fonds Erste Asset Management, kommentiert: „Studien gehen davon aus, dass sich durch die Integration von Atomenergie in der EU-Taxonomie deren Finanzierungskosten aufgrund der großen dahinterliegenden Kapitalströme spürbar reduzieren könnte und damit dessen Wettbewerbsfähigkeit erhöht würde.“

Übrig bleibt also billiger Atomstrom, eine zu billige Lösung der EU-Klimapolitik. Hector McNeil, Co-CEO des ETF-Anbieters HANetf, fügt hinzu: „Die subjektive Ansicht dessen, was für die Aufnahme in einen nachhaltigen oder ESG-Fonds in Frage kommt und was nicht, führt zu endlosen Debatten, die über Umweltbelange hinausgehen. Es gibt keine allgemeingültige Definition.“ Deshalb gelte es, die Anlagestrategie eines Fonds genau zu verstehen: „So können Investoren feststellen, ob ihr Fonds mit ihrer eigenen Vorstellung bezüglich nachhaltiger Unternehmen vereinbar ist“, so McNeil.

Harald Kolerus 2-e1666618640728
Mag. Harald Kolerus GELD-Magazin / Redakteur

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