fbpx
23. Dezember 2021

2022 – Die Rückkehr der Inflation

GlowDetlef Lipper-scaled
Detlef Glow Head of Lipper EMEA Research, Refinitiv, LSEG

Als Corona im März 2020 ausbrach, konnte niemand wissen, welche Folgen die Krankheit für die Menschen und die Wirtschaft haben wird. Dementsprechend heftig haben die Märkte reagiert.

Zwar konnte das beherzte Eingreifen von Staaten und Notenbanken eine globale Wirtschaftskrise verhindern und die Märkte schnell wieder stabilisieren, dennoch reagieren die Investoren, wie die Marktschwankungen nach dem Auftreten der Omikron-Variante zeigen, auch heute noch nervös. Was die Volatilität an den Märkten weiterhin hoch bleiben lässt. Auch nach fast zwei Jahren im „Corona-Modus“ lassen sich die gesamten Auswirkungen dieser Krise noch nicht abschätzen, denn noch immer gibt es Lieferengpässe, die die gesamtwirtschaftliche Entwicklung weltweit belasten. Hinzu kommen Ängste vor einer weiter ansteigenden Inflation, die zu steigenden Zinsen und damit fallenden Kursen bei Anleihen führen könnten. Auch die Entwicklungen in Weißrussland und der Ukraine haben das Potenzial, eine größere Krise auszulösen. Aufgrund dieser unsicheren Gesamtlage lassen sich die möglichen Entwicklungen an den Börsen für 2022 nur schwer vorhersagen.

Schwieriger Ausblick

Die Regierungen und Notenbanken in den Industrienationen versuchen weiterhin die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie klein zu halten. Um die nötigen Mittel dafür zur Verfügung stellen zu können, haben sich die Staaten in einem Ausmaß verschuldet, das vor der Pandemie fast undenkbar gewesen war. Gleiches gilt für die Notenbanken, die zur Unterstützung der Wirtschaft Anleihekaufprogramme aufgelegt haben, während gleichzeitig die ohnehin schon niedrigen Zinsen weiter gesenkt wurden. Dieser Zyklus könnte aufgrund der gestiegenen Inflationsraten 2022 zu Ende gehen. Als Reaktion auf die Teuerung erwarten viele Investoren, dass die Zinsen, insbesondere in den USA, anziehen werden. Allerdings müssen die Notenbanken bei möglichen Zinssteigerungen sehr vorsichtig agieren, damit die Wirtschaft sich weiter erholen und so das Wachstum weiter ankurbeln kann. Dies gilt insbesondere für die EZB, denn sie steht vor der Aufgabe, die unterschiedlichen Verschuldungsgrade und Wachstums­szenarien in den einzelnen Euro-Staaten bei ihren Entscheidungen berücksichtigen zu müssen. Anleger müssen beachten, dass die lockere Geldpolitik der Notenbanken dazu geführt hat, dass die Bewertungen vieler Aktien als sehr ambitioniert erscheinen, wodurch die Aktienmärkte im Falle einer Zinserhöhung ein hohes Rückschlagrisiko aufweisen.

Niedrige Rendite

Dies gilt auch für den Bereich der festverzinslichen Wertpapiere. Das niedrige Niveau der Renditen von Staatsanleihen aus den Industrienationen hat in Kombination mit den – durch die hohe Nachfrage gesunkenen – Risikoaufschlägen bei Unternehmensanleihen dazu geführt, dass die unternehmensspezifischen Risiken bei vielen dieser Bonds dem Investoren nicht in Form entsprechend höherer Zinsen vergütet werden. Somit könnten Anleger, die auf festverzinsliche Wertpapiere setzen, 2022 die Verlierer werden, denn wenn die Zinsen nicht steigen, vernichtet die Inflation die Zinserträge und Teile der Substanz. Sollten die Notenbanken auf die Inflation reagieren und die Zinsen anheben, fallen die Preise der Anleihen in ihrem Portfolio. Dementsprechend sollten Anleger ihre Portfolios auch 2022 – mit Blick auf ihre Risikotragfähigkeit – neutral ausrichten, um von einem möglichen weiteren Anstieg der Wertpapiermärkte profitieren zu können. Gleichzeitig sollten sie Risikofaktoren – wie Übergewichtungen in einzelnen Titeln oder Märkten – reduzieren, um eine höhere Diversifikation zu erreichen. Ein Teil der Verkaufserlöse sollte in der Kasse bleiben, um auf mögliche Rückschläge an den Märkten mit Nachkäufen reagieren zu können. Das Risikobudget des Portfolios sollte in Richtung Aktien allokiert werden, da die Risiken aus Anleihen aufgrund der niedrigen Verzinsung nicht mehr ausreichend kompensiert werden. In dem derzeitigen Szenario sollten auslaufende Anleihen nicht ersetzt werden und das Geld ebenfalls in der Kasse gehalten werden. Der Aufbau einer größeren Kassenposition ist eine gute Möglichkeit, das Risiko in einem Portfolio zu reduzieren.

Für den Inhalt der Kolumne ist allein der Verfasser verantwortlich. Der Inhalt dient nur der Information. Es handelt sich hierbei nicht um eine Anlageempfehlung. Anleger sollten in Bezug auf Anlageentscheidungen für ihr Portfolio immer mit einem Anlageberater sprechen. Der Inhalt gibt ausschließlich die Meinung des Autors wieder, nicht die von Refinitiv.

GlowDetlef Lipper-scaled
Detlef Glow Head of Lipper EMEA Research, Refinitiv, LSEG

Zum Newsletter anmelden

Bestellen Sie kostenfrei und unverbindlich den GELD-Magazin Newsletter, als optimale Ergänzung zur Print-Ausgabe von GELD-Magazin!
Zwei Mal im Monat versenden wir den Newsletter mit Themen rund um den Finanzmarkt und Wirtschaft.

Sie haben sich erfolgreich eingetragen.